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„Das ist ein grobes Foul-Spiel“: Linke quält SPD mit namentlicher Abstimmung zum Familiennachzug
Die Linke sorgt für eine namentliche Abstimmung zum Familiennachzug – direkt vor dem SPD-Parteitag. Die Genossen sind erzürnt. Doch ein Mann hat eine Idee für eine Retourkutsche.
Stand:
Es ist erklärtermaßen kein einfaches Thema für die SPD-Fraktion: Am Freitag muss sie im Bundestag der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär schutzberechtigte Geflüchtete zustimmen. So vereinbart mit der Union, die in den Koalitionsverhandlungen darauf bestanden hat.
Nun wird die Sache noch unangenehmer: Die Linkspartei hat eine namentliche Abstimmung beantragt. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse ist also jeder und jede SPD-Abgeordnete ganz persönlich gefragt, dem ungeliebten Projekt zur Mehrheit zu verhelfen.
Das ist für die SPD aber nicht nur inhaltlich ein Problem. Sondern auch organisatorisch. Denn am Freitag beginnt um 14 Uhr der Bundesparteitag. Eigentlich gilt die Vereinbarung: Wenn eine Partei Bundesparteitag hat und gleichzeitig im Bundestag Sitzungswoche ist, gibt es am Freitag keine namentlichen Abstimmungen, damit alle Abgeordneten in Ruhe und pünktlich zum Parteitag können.
Die namentliche Abstimmung ist am Vormittag, danach schaffen die SPD-Abgeordneten es bequem zum Beginn des Parteitags hier in Berlin um 14 Uhr. Daher verstehe ich den Ärger gar nicht.
Sören Pellmann, Fraktionschef der Linken
Daran hat sich die Linke in diesem Fall nicht gebunden gefühlt. „Das, was die Linkspartei gemacht hat, ist ein grobes Foul-Spiel“, sagt Dirk Wiese, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD.
Bei der Linken sieht man die Sache allerdings ganz anders. „Die namentliche Abstimmung ist am Vormittag, danach schaffen die SPD-Abgeordneten es bequem zum Beginn des Parteitags hier in Berlin um 14 Uhr. Daher verstehe ich den Ärger gar nicht“, sagt Fraktionschef Sören Pellmann dem Tagesspiegel.
Der Plan für die Revanche ist schon gefasst
Wiese lässt das nicht gelten. Der Parteitag beginne zwar erst um 14 Uhr, es gebe aber im Vorfeld Gremiensitzungen, manche Abgeordnete würden vor Ort einfach früher gebraucht. „Die Linkspartei will nichts anderes, als die SPD mit einem für uns nicht leichten Thema vorzuführen.“
In einer interfraktionellen Runde der parlamentarischen Geschäftsführer habe auch die Linke vor zwei Wochen zugestimmt, dass es an diesem Freitag keine namentliche Abstimmung geben werde.
Pellmann aber hat noch ein weiteres Argument. „Auf einen anderen Umstand möchte ich hinweisen, auch wenn es uns ausdrücklich nicht um Vergeltung geht: Im Oktober hatten wir Bundesparteitag in Halle, am Freitag wurden im Plenum gegen unseren Willen 13 namentliche Abstimmungen angesetzt.“
Von der SPD habe es geheißen, auf die Vereinbarung für solche Fälle könne sich die Linke als parlamentarische Gruppe, die sie damals noch war, nicht berufen.
Ich habe ein langes Gedächtnis, wenn die Linkspartei demnächst Bundesparteitag hat.
Dirk Wiese, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion
Den Vergleich mit Oktober hält wiederum Wiese für „an den Haaren herbeigezogen“. Es habe damals zwar tatsächlich eine Vielzahl eiliger Abstimmungen gegeben. Die hätten aber nur deshalb auf den Freitag gelegt werden müssen, weil die Opposition samt Linkspartei einem Fristverzicht nicht zugestimmt habe. In dieser Lesart war die Linke damals also gewissermaßen selbst schuld.
Bleibt die Frage, ob sich die SPD-Fraktionsführung Sorgen um ihre Mehrheit machen muss. Bei einer Probeabstimmung in der Fraktionssitzung am Dienstag gab es sieben Gegenstimmen, und die Koalition hat nur zwölf Stimmen Mehrheit.
Wiese sagt dennoch, er sei „in keinster Art und Weise nervös“. Auch aus den Reihen der Fraktionsmitglieder ist zu hören, mit mehr Abweichlern sei nicht zu rechnen – eher sogar mit weniger.
Denn mancher will womöglich bei der Probeabstimmung in der Fraktion seiner Überzeugung Ausdruck verleihen, hält sich aber an die Koalitionsdisziplin, wenn es tatsächlich drauf ankommt. Zumal sich das offizielle Votum laut Geschäftsordnung des Bundestags ergänzen lässt durch eine persönliche Erklärung, damit der eigene Standpunkt klar wird.
Für Wiese kommt die Angelegenheit auf Wiedervorlage. Denn noch eines sagt er am Mittwoch: „Ich habe ein langes Gedächtnis, wenn die Linkspartei demnächst Bundesparteitag hat.“
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