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Otto Ellerbrock beim SPD-Parteitag in Berlin.

© Foto: Nico Preikschat

„Das Kanzler-Selfie habe ich bekommen“: Unterwegs mit dem jüngsten SPD-Delegierten

Otto Ellerbrock ist 16 Jahre alt und schon zum zweiten Mal beim SPD-Parteitag dabei. Unterwegs mit einem, der jung ist, aber bloß nicht radikal sein will.

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An Medienaufmerksamkeit mangelt es Otto Ellerbrock nicht. „Ich wurde heute Morgen schon von der „Heute-Show“ erwischt, danach wollten die „Tagesthemen“ mit mir sprechen“, erzählt der Gymnasiast aus Hohnstorf in Niedersachsen. Sein SPD-Unterbezirk schickte ihn schon zum zweiten Mal zum Bundesparteitag. Mit 16 Jahren ist Ellerbrock damit der jüngste Delegierte.

Trotz seines Alters wirkt er im Gespräch routiniert, viele seiner Sätze sind druckreif. „Aufgeregt bin ich trotzdem noch“, gibt Ellerbrock zu. Er sei schon einen Tag früher angereist und habe die Nacht in Berlin verbracht. „Auf dem Dorf fühle ich mich aber wohler“, sagt er.

Das Highlight des Tages ist für ihn die Rede des Bundeskanzlers. „Kämpferisch“ habe er Scholz erlebt, das gefalle ihm. „Der Kanzler hat klargemacht, wofür er steht.“ Dass er zugleich auch Selbstkritik geäußert habe, findet Ellerbrock gut: „Er sollte ruhig mehr auf den Tisch hauen.“

Kein klassischer SPDler

Schon mit 13 Jahren begann Ellerbrocks politisches Engagement. Er sei durch die Corona-Krise politisiert worden, erzählt er: „Ich war selbst betroffen von den Schulschließungen und fand manche Maßnahmen nicht sinnvoll.“ Er habe selbst etwas bewirken wollen und sei zuerst Kreisschülersprecher, später auch Stellvertreter im Landesschülerrat geworden .

Sein Engagement für die SPD liegt nicht an seiner Herkunft. „Die meisten in meiner Familie sind Selbstständige.“ In seinem Ort regiere zudem ein CDU-Bürgermeister. Vielmehr habe er mit den Sozialdemokraten schlicht die meisten Übereinstimmungen. „Vor allem zur Bildungspolitik hat die SPD die realistischsten Vorschläge – das war mir wichtig.“ 

Ob sie tatsächlich überzeugen? Aktuell hat die SPD schwer zu kämpfen. „Die Umfragen sind nicht gut, das ist eindeutig“, sagt der 16-Jährige. Dass seine Partei so lange über den richtigen Kandidaten diskutiert habe, findet er aber nicht schlimm. Scholz sei zwar ruhig, „manchmal auch zu ruhig“, meint Ellerbrock. „Trotzdem ist er der beste Kandidat.“

Politik machen unter Älteren

Wie ergeht es einem 16-Jährigen, der auf dem Land Politik macht? „Einige freuen sich, dass junge Leute wie ich engagiert sind“, berichtet er. Es sei bloß schwierig, dass die anderen mehr Lebenserfahrung hätten als er. Ellerbrocks Lösung: „Über manche Themen spreche ich nicht. Ich muss in meinem Blickfeld bleiben.“

Die junge Generation sollte mehr auf Inhalte schauen, weniger auf große Sprüche.

Otto Ellerbrock

Arbeitsmarktpolitik zu kommentieren, obwohl er noch nie gearbeitet habe, empfände er zum Beispiel als anmaßend. „Eher beschäftige ich mich mit der Eröffnung eines Jugendzentrums.“ Grundsätzlich habe er aber „nicht das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden“.

Verzweifelt über den Populismus

Mit Blick auf die politische Lage meint Ellerbrock, er sei „ein bisschen verzweifelt“ über den um sich greifenden Populismus. Er kritisiert aber auch seine Altersgenossen: „Die junge Generation sollte mehr auf Inhalte schauen, weniger auf große Sprüche.“ Grundsätzlich sei es sinnvoll, mehr zu diskutieren, gerade in den Schulen.

Otto Ellerbrock versucht, politisch an seiner Realität als Schüler anzusetzen. Deshalb tritt er beispielsweise für die Digitalisierung von Schulen ein. „Und meine wichtigste Forderung ist, dass kostenloses Mittagessen für alle Schüler eingeführt wird.“

Radikal pragmatisch

Dieser Pragmatismus steht im Gegensatz zu einer gewissen Radikalität, die man bei jungen Menschen eigentlich erwarten würde. Ist Ellerbrock radikal? „Nein, auf keinen Fall“, sagt er bestimmt. Seine wohl radikalste Forderung sei es, Schulnoten abzuschaffen.

Dass man als 16-Jähriger in einer großen Partei wie der SPD nichts erreichen könnte, diesem Vorwurf widerspricht Ellerbrock. Die Strukturen seien durchlässig, und wenn man sich mit den älteren Leuten in der Partei austausche, könne man gemeinsam etwas erreichen. „Dass ich als 16-Jähriger heute zum zweiten Mal beim Bundesparteitag stehe, zeigt das.“

Wird er traurig sein, falls er beim nächsten Mal nicht erneut als jüngster Delegierte auf mediales Interesse stößt? „Erst einmal muss ich überhaupt wieder als Delegierter nominiert werden“, stellt Ellerbrock klar. Die Aufmerksamkeit sei nett, seine Rolle als jüngster Delegierter aber reiner Zufall. „In erster Linie bin ich hier, um den Unterbezirk Lüneburg zu vertreten.“

Mit dem Parteitag ist Ellerbrock zufrieden: „Mir gibt es Motivation für den Wahlkampf.“ Wichtig sei, dass diese bei allen SPD-Mitgliedern ankomme. Auch fotografisch habe er sein Ziel erreicht, berichtet der 16-Jährige grinsend: Ein Selfie mit Karl Lauterbach. Selbst mit Scholz konnte er ein Foto schießen: „Das Kanzler-Selfie habe ich bekommen.“

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