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„Es ist eine verdammt ernste Zeit“: Scholz warnt auf SPD-Parteitag vor Gefahren für Demokratie und Sozialstaat
Er warnt eindringlich vor Trump und Merz: Olaf Scholz ist als SPD-Kanzlerkandidat bestätigt. Doch ein prominenter Genosse glaubt nicht an seine Siegeschancen.
Stand:
Die SPD hat Olaf Scholz nun auch offiziell als Kanzlerkandidaten nominiert: Auf einem Parteitag in Berlin gab es in einer offenen Abstimmung nur wenige Gegenstimmen.
In seiner Bewerbungsrede zeichnete Scholz das Bild seiner Partei als Interessenvertreterin der „normalen“ Menschen im Land. Der Union und deren Kanzlerkandidat Friedrich Merz warf er vor, überhaupt nicht darüber nachzudenken, „wie die ganz normalen Leute klarkommen können“.
Scholz griff das Wahlprogramm der Union massiv an. Mit Vergünstigungen für Spitzenverdiener würden „Riesenkrater in die öffentlichen Haushalte“ gerissen. Er sprach von 100 Milliarden Euro pro Jahr, die durch die Ideen der Union fehlen würden. Die „Zeche“ würden die Menschen im Land zahlen. Wie groß die Finanzierungslücke im Wahlprogramm der Union tatsächlich ist, ist allerdings in der Fachwelt umstritten.
Ich werde alles dafür geben, dass Olaf Scholz Bundeskanzler bleibt.
Verteidigungsminister Boris Pistorius
Scholz erneuerte zudem seinen Vorwurf an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, dieser wolle faktisch die Renten kürzen – was dieser umgehend zurückwies. Der Streit dreht sich um die Frage, ob auch über Sommer 2025 hinaus garantiert wird, dass das Rentenniveau nicht unter die 48-Prozent-Marke sinkt.
Allerdings würde ein Sinken des Rentenniveaus nicht bedeuten, dass die Renten sinken – sondern nur, dass sie weniger schnell steigen. Dies wertet Scholz als faktische Kürzung.
Steinbrück zweifelt am Sieg
Derzeit liegt die SPD in Umfragen um die 14 Prozentpunkte hinter der Union zurück. Peer Steinbrück, SPD-Kanzlerkandidat des Jahres 2013, sagte am Sonnabend dem Nachrichtenportal t-online, befragt nach Olaf Scholz: „Die Wahrscheinlichkeit weist darauf hin, dass die SPD mit ihm an der Spitze erkennbar nicht die stärkste Partei wird.“
Dagegen bezeichnete Verteidungsminister Boris Pistorius die Ausgangslage seiner Partei als „Ansporn“. Die Entscheidung für Scholz „war und ist richtig“, sagte er dem Tagesspiegel. „Ich werde alles dafür geben, dass Olaf Scholz Bundeskanzler bleibt.“ Noch ist aus Sicht von Pistorius ein Erfolg möglich: „Wir haben schon ganz andere Aufholjagden erlebt.“
„WG-Garantie“ im Programm
Im Jahr 2021, als Scholz schließlich gewann, hatte der Aufstieg in den Umfragen zum jetzigen Zeitpunkt, also sechs Wochen vor der Wahl, bereits begonnen. Scholz blickte nur kurz auf die Ampel-Regierung zurück, zeigte sich da aber selbstkritisch. „Vielleicht hätte ich die Koalition früher beenden sollen“, sagte er.
Die globale Lage zeichnete er in düsteren Farben. Derzeit würden Dinge passieren, die „noch vor ein paar Jahren, vielleicht sogar vor ein paar Monaten oder gar Wochen“ niemand für möglich gehalten hätte, sagte Scholz. „Es ist eine verdammt ernste Zeit.“
Er erneuerte seine Mahnung an den designierten US-Präsidenten Donald Trump, der zuletzt Ansprüche auf den Panama-Kanal, Grönland und Kanada erhoben hatte. Ohne Trumps Namen zu nennen, sagte Scholz: „Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land“, ob im Osten oder im Westen.
Auf dem Parteitag verabschiedete die SPD auch ihr Wahlprogramm. Kurzfristig noch aufgenommen wurde ein Vorschlag der Jusos: Eine „WG-Garantie“ soll dafür sorgen, dass Azubis und Studenten pro Monat nicht mehr als 400 Euro Miete für ein Zimmer zahlen.
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