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Viktor Janukowitsch

© dpa

Stichwahl: Das neue Alte in der Ukraine

Aus der Präsidentenwahl in der Ukraine ist der prorussische Oppositionsführer Viktor Janukowitsch als Sieger hervorgegangen. Wie ist das Wahlergebnis zu bewerten?

So eine Wahl hat es in einem postsowjetischen Land noch nicht gegeben. Der Amtsinhaber wurde in der ersten Runde mit einem einstelligen Ergebnis abgestraft, in der Stichwahl lieferten sich die Kontrahenten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nur knapp konnte Viktor Janukowitsch die Präsidentenwahl in der Ukraine gewinnen: 48,8 Prozent stimmten nach dem vorläufigen Endergebnis für den Oppositionsführer, 45,6 Prozent für die amtierende Regierungschefin Julia Timoschenko, 4,4 Prozent kreuzten „Gegen alle“ an.

Janukowitsch – der Mann, den die Orangene Revolution 2004 wegen massiver Wahlfälschung von der Macht verdrängt hatte – erklärte sich noch am Sonntagabend zum Sieger und forderte Timoschenko zum Rücktritt auf. Doch die gestand ihre Niederlage zunächst nicht ein. Von ihrer Reaktion hängt nun ab, ob die Bildung einer halbwegs stabilen Regierung möglich ist und das Land zur Ruhe kommt. Für den Fall, dass die Wahlen gefälscht würden, hatte sie bereits vorab Straßenproteste angekündigt. Am Montag war zumindest davon keine Rede mehr. Dass Timoschenko ihren Posten kampflos räumen wird, ist allerdings kaum denkbar. Janukowitschs Partei der Regionen könnte daher versuchen, die Regierung zum Rücktritt zu zwingen und mit einer neuen Koalition einen eigenen Regierungschef aufzustellen. Dafür bräuchte er aber den Rückhalt der Partei „Unsere Ukraine“, die den bisherigen Präsidenten Viktor Juschtschenko unterstützt. Die Bildung einer neuen Koalition sei das wahrscheinlichste Szenario, sagt Olga Shumylo, Direktorin des International Centre for Policy Studies in Kiew. „Dann würde Timoschenko die Wahlen aber vermutlich vor Gericht anfechten, weil sie nichts mehr zu verlieren hat.“

Internationale Beobachter bezeichneten die Wahl als „vorbildlich demokratisch“. Damit wächst der Druck auf die Regierungschefin, das Ergebnis anzuerkennen. Eine für den Vormittag angekündigte Pressekonferenz Timoschenkos wurde zunächst auf den Nachmittag verlegt und dann auf Dienstag verschoben.

Die Wahl hat wieder einmal gezeigt, dass die Ukraine politisch ein geteiltes Land ist. Während Timoschenko im Westen, in der Mitte des Landes und in der Hauptstadt Kiew die meisten Stimmen holte, konnte Janukowitsch im russischsprachigen Osten und Süden punkten. Wirkliche Stabilität könnte daher nur eine Einigung der beiden Kontrahenten bringen. „Sie sind zum Kompromiss verdammt, aber diese Einsicht wird sich wohl jetzt noch nicht durchsetzen“, sagt Heike Dörrenbächer von der Friedrich- Naumann-Stiftung in Kiew.

Im Westen wird mit Spannung verfolgt, wie sich nun das Verhältnis der Ukraine zu Russland entwickeln wird. Janukowitschs Lager ist in dieser Frage gespalten: Auf der einen Seite stehen die vergleichsweise liberalen, prowestlichen Oligarchen, die nicht zuletzt Zugang zum europäischen Markt wollen. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die sich stärker an Moskau orientieren und eine Zollunion mit Russland anstreben. „Entscheidend wird sein, welches Lager sich durchsetzt“, sagt Shumylo. Im Verhältnis mit Russland stehe Janukowitsch vor vielen Herausforderungen. So hat er im Wahlkampf versprochen, den Gaspreis zu senken – ein Projekt, das auf Widerstand beim russischen Energiekonzern Gasprom stoßen wird. Das Thema Nato-Beitritt ist allerdings nun vom Tisch, und auch gegen eine längere Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim hat Janukowitsch anders als sein Vorgänger keine grundsätzlichen Einwände. Außerdem hat der Wahlsieger versprochen, Russisch als zweite Amtssprache einzuführen.

„Insgesamt sind aber keine riesigen Veränderungen zu erwarten“, sagt Dörrenbächer. Bereits im Wahlkampf hat Janukowitsch zudem erkennen lassen, dass er den europäischen Kurs seines Landes fortsetzen will. „Nun ist es wichtig, dass die EU die Tür nicht zuschlägt“, betont Dörrenbächer. „Sie muss der Ukraine eine Perspektive für den Beitritt offenlassen.“

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