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Angela Merkel spricht mit der weinenden Reem, die den Schulbesuch der Kanzlerin in Rostock nutzte, um auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen.

© dpa

Flüchtlingsdebatte: Das palästinensische Mädchen Reem wird nicht abgeschoben

Der Rostocker Bürgermeister will die 14-jährige Palästinenserin Reem, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihren Tränen rührte, nicht abschieben. Wenn im August das neue Bleiberecht in Kraft tritt, wird sie wohl eine dauerhafte Perspektive in Deutschland bekommen.

Für Reem scheint sich doch noch alles zum Guten zu wenden. Das palästinensische Mädchen, das am Mittwoch in ihrer Rostocker Schule mit Angela Merkel (CDU) zusammentraf und in Tränen ausbrach, nachdem sie der Kanzlerin vom Schicksal ihrer Familie berichtet hatte, kann voraussichtlich in Deutschland bleiben. Der Rostocker Oberbürgermeister Roland Methling will einen möglichen Abschiebebeschluss für Reems Familie und für ähnliche Fälle zunächst nicht vollziehen. Das sagte Methlings Sprecher am Freitag dem Tagesspiegel. Nach Tagesspiegel-Informationen stand eine Abschiebung der Palästinenser-Familie, die seit vier Jahren in Deutschland lebt, anders als teilweise berichtet wurde, ohnehin nie konkret zur Debatte.

Neues Bleiberecht

Noch in diesem Sommer tritt ein neues Bleiberecht in Kraft, das gerade Ausländern wie Reem einen dauerhaften Aufenthalt ermöglichen soll. Das hat auch der Rostocker Bürgermeister vom Wählerbündnis „Unabhängige Bürger für Rostock“ im Blick. Jugendliche, die seit mindestens vier Jahren eine deutsche Schule besuchen und gut integriert sind, sollen dann unabhängig von ihrem Asylstatus in Deutschland bleiben dürfen.

Die Migrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz, sieht daher gute Chancen für Reem: „Ich kenne natürlich nicht die persönlichen Umstände des Mädchens, aber sie spricht perfekt Deutsch und lebt offenbar schon länger hier. Genau für diese Lebenslagen haben wir gerade das Gesetz geändert, damit hier integrierte Jugendliche eine Perspektive bei uns bekommen“, sagte die SPD-Politikerin „Spiegel Online“. Reems Eltern erhalten damit zwar nicht automatisch ebenfalls ein dauerhaftes Bleiberecht, nach Auskunft des Bundesinnenministeriums würden sie als Erziehungsberechtigte der Minderjährigen aber keinesfalls abgeschoben.

Fast 10.000 Betroffene allein in Berlin

Insgesamt könnten rund 30.000 Menschen in Deutschland von dem neuen Bleiberecht profitieren. Der Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke, hatte die Gesetzesänderung in einer Stellungnahme begrüßt. Die Zahl „der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen“, die „in dem prekären Status der Duldung“ verharrten, steige beträchtlich, schrieb Mazanke im März an den Innenausschuss des Bundestages. Allein in Berlin habe sich die Zahl 2014 von 4803 auf 9600 verdoppelt. In anderen Bundesländern sei die Entwicklung vergleichbar.

Duldung statt Asyl

Die Familie der 14-jährigen Reem stammt aus dem Libanon. Anders als im benachbarten Syrien herrscht in dem Land kein Krieg und auch schwere Menschenrechtsverletzungen sind von dort nicht bekannt. Ein Recht auf Asyl hat die Familie damit nicht. Einzelheiten zu dem Fall werden von den Behörden derzeit nicht öffentlich gemacht. Da es aber offenbar Gründe gibt, die Familie des gehbehinderten Mädchens nicht abzuschieben, wird sie in Deutschland geduldet, wie es im Amtsdeutsch heißt. Eine solche Duldung wird jeweils befristet ausgesprochen und kann verlängert werden. Grundsätzlich leben geduldete Ausländer aber in ständiger Ungewissheit, ob ihre Aufenthaltsgenehmigung aufgehoben wird und sie Deutschland verlassen müssen.

Nicht nur Kritik an Merkel

Reem hatte der Kanzlerin gesagt, sie wolle wie ihre Mitschüler studieren, ihre Zukunft planen. Doch: „Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht, solange ich nicht weiß, ob ich bleiben kann.“ Schließlich begann sie zu weinen.Die Kanzlerin versuchte, sie zu trösten, machte ihr aber keine konkreten Versprechen. Im Internet erntete Merkel dafür viel Kritik. Und in ausländischen Medien musste sie sich erneut als „eiserne Kanzlerin“ betiteln lassen. Der britische „Guardian“ nahm den Vorfall allerdings auch zum Anlass, sehr sachlich über die Nöte deutscher Länder und Städte angesichts ständig steigender Flüchtlingszahlen in Deutschland zu berichten.

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