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Auch bei den Motivwagen des Karnevalszugs in Puppenversion war die Pandemie ds beherrschende Thema.

© imago images/Future Image

Karneval in Coronazeiten: Dass die Umzüge ausfallen, ist nicht zum Lachen!

Nicht nur in Köln: Der Frohsinn gerät in schwere Not - und mit ihm der Katholizismus im "Rom des Nordens". Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Montag. Dienstag, Mittwoch … Bevor Sie sich fragen, was das soll, also ernstlich fragen: Das sind die Tage, in denen früher noch Karneval war. Früher, will sagen: vor der Pandemie (hier mit Betonung nach rheinischer Art auf der ersten Silbe, so wie Karl Lauterbach das Wort immer ausspricht). Fasching. Fassenacht, Fasnacht, Fasnet, wie auch immer. Wer erinnert sich noch?

Ja, das waren Zeiten. Eimol Prinz zo sin in Kölle am Ring – das würde jetzt gesungen an den Tollen Tagen im „hillije Kölle“, dem heiligen Köln, dem „Rom des Nordens“, wo der närrische Lindwurm sich durch die engen Gassen am Fuße des Doms wälzte, was übrigens auch mit dem Katholizismus zu tun hat.

Sic transit gloria mundi, so vergeht der Ruhm (der Welt). Köln, uralte Stadt, verbunden mit Römern, Franzosen, Preußen, ehedem die Primadonna der Hanse – perdu. Gut, nicht ganz, aber doch in diesen Tagen als Karnevalshochburg und als Hochburg des mitfühlenden Katholizismus.

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Das war sie nämlich, ganz besonders durch Kardinal Josef Frings. Der erlaubte den Menschen nach dem Krieg das „Fringsen“: Wer sich etwa von Güterzügen Kohle zum Überleben in eiskalten Wohnungen nahm, beging nach Auslegung des Kardinals keinen Diebstahl. Eher Notwehr in den bitteren Zeiten nach dem großen Zusammenbruch. Mitfühlend waren auch seine Initiativen für die Hilfswerke Misereor und Adveniat.

Motivwagen zum Mißbrauchsskandal im Erzbistum Köln bei der Vorstellung der Wagen des Kölner Rosenmontagszuges 2021, dieses Jahr nur als Puppenversion.
Motivwagen zum Mißbrauchsskandal im Erzbistum Köln bei der Vorstellung der Wagen des Kölner Rosenmontagszuges 2021, dieses Jahr nur als Puppenversion.

© imago images/Future Image

Heute sind die Zeiten wieder bitter, aber auf andere Weise. Die Kritik an Frings’ Nachnachnachfolger Rainer Maria Woelki wegen des wenig mitfühlenden Umgangs mit Missbrauchsfällen reißt nicht ab, er gerät in Erklärungsnot und kommt aus ihr nicht heraus. Pfarrer, Priester, Laien, Gläubige in der Erzdiözese, immer mehr wenden sich ab. Wie lange das noch geht? Wenn das so weitergeht, kann der Dom, diese machtvolle Kathedrale, bald als säkulare Location vermietet werden. Für Karnevalssitzungen? Distanzieren kann man sich da genug, tätä, tätä, tätä. Ein schlechter Scherz? Nein, Ausdruck von Schmerz. So weit ist es gekommen, wie es niemals hätte kommen dürfen.

Milliardenschaden durch den Ausfall von Karneval

Hinzu kommt noch: Was der Ausfall von Fastnacht, Karneval und Fasching für ganz Deutschland finanziell bedeutet, hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln errechnet. „Der Schaden beläuft sich auf 1,5 Milliarden Euro“, sagt Ökonom Christian Rusche, im Hotelgewerbe, in der Gastronomie, im Transportbereich. Ein erheblicher Wirtschaftsfaktor, nicht zuletzt für die Lokale im Schatten des Doms. Dass die Umzüge ausfallen, ist nicht zum Lachen.

An diesen Tag wird man sich aber in jedem Fall erinnern, als urnärrisch: an einen Miniaturzug mit 177 Puppen des traditionsreichen Hänneschen-Theaters im Maßstab 1:3. Zu sehen nur im WDR, aber auf 32 Metern mit allem, was es auch auf dem siebeneinhalb Kilometer langen Festumzug gegeben hätte, Prunk- und Persiflagewagen und ganz zum Schluss die „Kehrmännchen“ der Müllabfuhr in Orange. Am liebsten wäre den Kölnern sicher, die hätten die Pandemie und den Missbrauchsskandal einfach mit weggefegt.

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