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Roderich Kiesewetter (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages

© dpa/Christoph Soeder

Debatte über Pläne von Dobrindt: CDU-Politiker fordert Befugnisse für Bundeswehr zum Abschuss von Drohnen

Bundesinnenminister Dobrindt plant eine Neufassung des Luftsicherheitsgesetzes. Einem CDU-Sicherheitspolitiker gehen die Vorschläge nicht weit genug. Er fordert den Ausruf des Spannungsfalls.

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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte am Wochenende eine Neufassung des Luftsicherheitsgesetzes für den Herbst an. Demnach soll die Bundeswehr künftig Drohnen abschießen dürfen. „Es geht darum, dass wir vorbereitet sind, dass die kritische Infrastruktur und große Menschenansammlungen geschützt werden“, erklärte Dobrindt.

In der CDU gehen die Pläne manchen jedoch nicht weit genug. Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter fordert, dass Deutschland den sogenannten Spannungsfall ausruft. Dieser im Grundgesetz verankerte Schritt sei notwendig, damit die Bundeswehr Drohnen „sofort abwehren“ könne, sagte Kiesewetter dem Handelsblatt.

Dies müsse nicht nur über militärischen Liegenschaften, sondern künftig auch im Bereich kritischer Infrastrukturen möglich sein.

Kiesewetter begründet seinen Vorstoß damit, dass sich hybride Angriffe nicht eindeutig nach äußerer und innerer Sicherheit trennen ließen. Russland nutze die Drohnenüberflüge „zu militärischen Zwecken als Teil der Lagebild-Gewinnung“, um – wie er es ausdrückte – „das Schlachtfeld vorzubereiten“.

Zudem spiele die „kognitive Kriegsführung“ eine Rolle, also der Versuch, Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung zu erzeugen. „Deshalb muss dies auch wie ein Angriff betrachtet werden“, erklärte Kiesewetter.

In den vergangenen Wochen meldeten mehrere NATO-Länder das Eindringen russischer Drohnen oder Militärflugzeuge in ihren Luftraum. Die NATO wertete dies als gezielte Provokationen Moskaus, der Kreml wies die Vorwürfe zurück. In Dänemark führten mehrere Drohnen-Vorfälle zur vorübergehenden Schließung von Flughäfen. In der Nacht zum Freitag wurden laut Dobrindt „Drohnen-Schwärme über Schleswig-Holstein festgestellt“.

Kritik von Polizei-Gewerkschaft

Kritik an Dobrindts Plänen kommt von der Gewerkschaft der Polizei. Andreas Roßkopf, GdP-Vorsitzender für die Bundespolizei, warnte vor möglichen Risiken. „Ein reiner Abschuss von Drohnen im Inland, gerade im Bereich von Kritischer Infrastruktur wie etwa Flughäfen, wäre ein kaum kalkulierbares Risiko“, sagte er der „Rheinischen Post“. 

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Peglow, meldete zudem rechtliche Bedenken an. „Der Einsatz der Streitkräfte im Inland ist nur unter ganz engen, klar definierten Voraussetzungen erlaubt, etwa beim inneren Notstand oder bei einer Naturkatastrophe“, sagte er dem „Handelsblatt“. Es müsse klar sein, dass die Bundeswehr nur in äußersten Notlagen unterstützen könne.

Außenminister Johann Wadephul äußerte sich zurückhaltend zur Forderung, der Bundeswehr in Amtshilfe für die Polizei den Abschuss von Drohnen zu erlauben. „Wir müssen jetzt die notwendigen rechtlichen und instrumentellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir derartige Dinge abwehren können“, sagte der CDU-Politiker am Samstag dazu. Zur Rolle der Bundeswehr in einem solchen Szenario äußerte sich der Minister ausdrücklich nicht.

Bundesaußenminister Johann Wadephul

© IMAGO/SOPA Images/IMAGO/Attila Husejnow / SOPA Images

Wadephul verwies auf das von Dobrindt vorbereitete Gesetzgebungsverfahren, um die Eingriffsmöglichkeiten aller Sicherheitsbehörden, insbesondere der Polizeibehörden, gesetzlich zu regeln. Das Auswärtige Amt werde sich daran beteiligen. „Man wird dann im Einzelnen zu definieren haben, in wessen Zuständigkeit die Abwehr derartiger Drohnenflüge liegen wird“, ergänzte er. „Das werden wir auch mit den Bundesländern intensiv besprechen müssen.“

Pistorius und Wadephul mahnen Entschlossenheit und „kühlen Kopf“ an

Bei einem Treffen mit europäischen Kollegen in Warschau riefen Wadephul und Verteidigungsminister Boris Pistorius an diesem Montag zu einer entschlossenen und zugleich besonnenen Reaktion auf mutmaßliche russische Provokationen auf.

Die jüngsten Luftraumverletzungen in mehreren EU-Ländern hätten gezeigt, „dass Russland zunehmend zu einer Bedrohung für die NATO wird“, sagte Pistorius beim Warschauer Sicherheitsforum. Wadephul warnte vor Russlands „hybrider Aggression“ und mahnte wie Pistorius dazu, einen „kühlen Kopf“ zu bewahren.

Wadephul traf sich in Warschau mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski und dem französischen Außenminister Jean-Noël Barrot zu Beratungen im Format des Weimarer Dreiecks. Später stieß der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha zu der Gesprächsrunde hinzu. Wadephul verurteilte die jüngste „Welle hybrider Angriffe“ auf Nato-Staaten.

Europa und die Nato handeln geeint. Wir lassen uns nicht spalten. Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Johann Wadephul (CDU), Außenminister

„Diese Aktionen sind kein Zufall, sondern Teil eines Musters, das unsere Lufträume, unsere kritische Infrastruktur, insgesamt unsere Verteidigungsbereitschaft ins Visier nimmt“, sagte er. „Russland will unsere Entschlossenheit testen, will Unruhe auslösen. Das ist gefährlich und muss klar und geeint beantwortet werden.“

Die Nato sei „jederzeit wachsam, sie ist jederzeit handlungsfähig und sie schützt jeden Zentimeter unseres Bündnisgebietes“, sagte Wadephul. Kein Mitgliedstaat werde mit diesen Bedrohungen allein gelassen. Die Botschaft an Moskau laute: „Europa und die Nato handeln geeint. Wir lassen uns nicht spalten. Wir lassen uns nicht einschüchtern.“

Wadephul mahnte einen besseren Schutz vor Drohnen an. „Gerade bei der Abwehr von Drohnen, darüber haben wir heute intensiv gesprochen, müssen wir unsere Fähigkeiten weiterentwickeln, schneller reagieren und unsere Systeme noch enger vernetzen.“

Drohnenabwehrsystems an der Ostflanke der EU

Angesichts der Bedrohungen durch Russland plant die EU massive Aufrüstungsmaßnahmen. Ein Konzeptpapier der EU-Kommission sieht den Aufbau eines Drohnenabwehrsystems an der Ostflanke der EU vor. Dieses soll auch neue abschreckende Offensiv-Fähigkeiten entwickeln.

Geplant sind Kapazitäten zur Bekämpfung von Bodenzielen mittels Drohnentechnologie durch Präzisionsschläge. Das System soll eine mehrschichtige Zone zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung von unbemannten Luftfahrzeugen umfassen.

Die EU-Kommission will dabei auf Erfahrungen der Ukraine aufbauen und neben etablierten Rüstungskonzernen auch Start-ups und Hochschulen einbeziehen. Das System soll zudem bei Bedrohungen durch Naturkatastrophen, unerwünschte Migration oder grenzüberschreitende organisierte Kriminalität einsetzbar sein.

Das Konzeptpapier dient als Diskussionsgrundlage für einen informellen EU-Gipfel am Mittwoch und enthält auch Vorschläge für Aufrüstungsprojekte in anderen Bereichen, wie zur Sicherung der Schifffahrt in der Ostsee und im Schwarzen Meer sowie im Bereich der Bodenverteidigung. (Tsp mit AFP/dpa)

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