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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (re.) zu Besuch in Würselen bei seinem Vorgänger Martin Schulz.

© Oliver Berg/dpa

SPD-Kanzlerkandidat Scholz bei seinem Vorgänger: Der Besuch in Würselen zeugt von Selbstironie

Olaf Scholz besucht seinen glücklosen Vorgänger Martin Schulz - ein überraschender Wahlkampfauftakt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Der Wahlkampf hat schon begonnen. Nicht nur der Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen, so wichtig der ist, im bevölkerungsreichsten Bundesland und in einem der größten Industriestaaten der Welt.

Klar, dass interessiert, wer regiert, und darum lohnt der Kampf. Nein, auch der große um die Bundesrepublik geht los, obwohl die Wahl erst im Herbst 2021 sein soll. Woran das zu merken ist? An Olaf Scholz.

Der frühe Kanzlerkandidat der SPD macht sich nämlich locker. So locker er kann. Tiefbraun ist er, vom Radfahren, was bei den Leuten immer gut ankommt. „Nah bei de “ war auch ein Wahlspruch von Kurt Beck, und mindestens auf Landesebene als Regierungschef in Rheinland-Pfalz hat er damit bestens gepunktet. Vorgänger Rudolf Scharping, der Radler, hat es wiederum auf Bundesebene als Kanzleranwärter auch fast geschafft.

Jetzt tourt Scholz zu Schulz nach Würselen. Da war doch was? Genau, der letzte SPD- Kanzlerkandidat, Martin Schulz. Mit 100 Prozent von der Partei zum Kandidaten gewählt, mit 20,5 Prozent für die Partei 2017 als Kanzler nicht gewählt. Schulz war lange Bürgermeister von Würselen. Viel Spott hat er deswegen ertragen müssen, aber nicht deshalb verloren.

Der Kandidat Schulz durfte nicht authentisch sein

Daran war mangelnde Solidarität (mit) schuld, und die fehlende Bereitschaft, ihm seine Authentizität zu lassen. Denn Schulz war über Würselen längst hinausgewachsen, war in Europa wie kein Zweiter zu Hause, auf Augenhöhe mit den großen Staatschefs. Stattdessen besuchte er in lächerlich wirkender Schutzkleidung eine Fischfabrik – die Kanzlerin machte währenddessen große Politik.

Da ist ein Besuch in Würselen ein Signal, sogar ein mehrfaches. Was zu Scholz passt, so ist er. Einmal steckt darin ein wenig Abbitte im Namen der SPD für das, was Schulz hat aushalten müssen. Weil sie für ihn nach der Wahl buchstäblich nichts übrig hatten.

Zum Zweiten ist das Politik mit einem ordentlichen Schuss Ironie und Selbstironie: Schulz wollten die Sozialdemokraten unbedingt in der Spitzenposition, viel mehr als Scholz heute. So beliebt ist er nicht, jedenfalls nicht bei den eigenen Leuten. Ein Drittes: Würselen. Da zu beginnen – darüber reden die Leute. Sagen wir so: Düsseldorf kann jeder.

Wenn Scholz authentisch ist, versteht ihn nicht jeder

Wenn Scholz authentisch ist, bedeutet das, dass ihn nicht jeder auf Anhieb versteht. Er kann witzig sein, aber im norddeutschen Sinn, der sich nicht jedem sofort erschließt. Manche halten den Humor, schwarz und schnell und direkt, ja anfangs für eine Beleidigung.

Insofern ist es schon wieder ganz gut, dass Scholz so früh als Kanzlerkandidat benannt worden ist: Die Leute können sich im Dauerwahlkampf an ihn gewöhnen. Auch daran, dass er lachen kann. Bisher ist sein „Chichichi“ außerhalb enger Parteigrenzen eher nicht bekannt. Und hier kommt die Ironie von der Geschicht’: Die frühen Starter gewannen für die SPD noch nicht.

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