Politik: Der Krieger seines Herrn
Frankreichs Premier will die „Schlacht“ weiterführen – auf die Wünsche der Studenten reagiert er nicht
Dominique de Villepin hat noch viel vor – dabei ist der Streit um die Reform des Kündigungsschutzes für Berufsanfänger, der seit Wochen die Politik in Frankreich lähmt, noch nicht vorbei. Doch der Premierminister hat bereits neue „Baustellen“ für seine Regierung abgesteckt: den Kampf gegen die Armut, eine bessere Abstimmung zwischen Universitätsausbildung und Arbeitswelt und mehr Garantien und Sicherheit für den beruflichen Werdegang. Darüber wolle er mit den Sozialpartnern in einen Dialog eintreten, erklärte der konservative Regierungschef in seiner monatlichen Pressekonferenz.
Wenige Monate vor der Präsidentenwahl 2007 sei Unbeweglichkeit nicht seine Politik, sagte Villepin. „Bis zum Ende“ wolle er die „Schlacht um die Beschäftigung“ führen, die ihm Staatspräsident Jacques Chirac bei seiner Berufung vor einem Jahr auftrug. Zunächst gelte es jedoch, einen Ausweg aus der Krise um den „Contat première embauche“ (CPE), den umstrittenen Erstanstellungsvertrag für Jugendliche unter 26 Jahren, zu finden.
Ein Ende der Auseinandersetzungen um das umstrittene Reformgesetz war auch am Donnerstag nicht abzusehen. Die Gespräche, die eine Abordnung der UMP-Fraktionen in Nationalversammlung und Senat – die UMP ist die Regierungspartei – mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und Studenten- und Schülerverbände einzeln führte, blieben bisher ohne Ergebnis. Man habe sie nur angehört und sie ohne Antwort auf ihre Forderung verabschiedet, berichtete der Vorsitzende der Gewerkschaft CFDT Francois Chérèque. Gewerkschaft und Studenten fordern, dass das Gesetz über den CPE ganz aufgehoben wird. Nicht einmal ein neuer Gesprächstermin sei ihnen vorgeschlagen worden. Am nächsten Montag wollen die Gewerkschaften ihr weiteres Vorgehen beraten. Unterdessen setzten Schüler- und Studentengruppen trotz eines Aufrufs der Universitätspräsidenten, wegen des „so gut wie toten“ CPE nicht mehr zu protestieren, den Kampf in Paris und anderen Städten mit Besetzungen von Straßen und Bahnhöfen fort.
Für den Regierungschef ist der CPE noch lange nicht tot. „Warten wir den Ausgang des Dialogs mit den Sozialpartnern ab“, sagte er. Wie stets gab sich Villepin, der sich in Begleitung mehrerer Minister der Presse stellte, entschlossen und kämpferisch, darum bemüht, den Eindruck zu verwischen, der in den vergangenen Tagen entstanden war: dass der Premier ohne Macht und Zukunft sei und zur Demission bereit. Er residiere im Hôtel de Matignon, dem Amtssitz des Regierungschefs, aber er regiere nicht mehr, hatte ihm die sozialistische Opposition vorgeworfen, nachdem Chirac Änderungen in den Kernpunkten des CPE angeordnet hatte, die nun nicht mehr Sache der Regierung, sondern des Parlaments sind.
Villepins sibyllinische Antwort, er „allein“ werde die „notwendigen Schlussfolgerungen“ aus den Konsultationen mit den Gewerkschaften ziehen, war als versteckte Rücktrittsdrohung verstanden worden. Diese Interpretation lag nahe. Hätte Chirac die völlige Aufhebung des CPE verlangt, hätte der Premier seinen Hut genommen, wurde Villepins Umgebung zitiert. Ein Rücktritt wäre daher auch logisch, wenn das Parlament jetzt den CPE beerdigen würde. Doch Villepin weist solche Gedanken von sich. Der Präsident habe ihm einen Auftrag erteilt und angekündigt, dass das Jahr 2006 ein „nützliches Jahr“ sein werde. Dafür wolle er kämpfen.