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Vereint. Die Versöhnung der Volksgruppen war das wichtigste Anliegen Nelson Mandelas. Vor dem Haus des Verstorbenen trauern weiße und schwarze Südafrikaner nun gemeinsam um ihren Nationalhelden und spenden sich gegenseitig Trost. Foto: Dai Kurokawa/dpa

© dpa

Politik: Der lange Abschied

Staatspräsident Zuma appelliert an seine Landsleute, das Erbe Mandelas zu bewahren.

Kapstadt/Johannesburg - Zum Auftakt der einwöchigen Staatstrauer für Nelson Mandela sind die Menschen in Südafrika am Sonntag in Kirchen, Moscheen und Tempel geströmt, um für Mandela zu beten. Präsident Jacob Zuma rief seine Landsleute bei einem Gottesdienst in Johannesburg auf, die Ideale und Werte des Friedensnobelpreisträgers zu bewahren. „Wir sollten dafür beten, dass wir die Werte nicht vergessen, für die Madiba stand, für die er kämpfte, für die er sein Leben opferte“, sagte Zuma unter Verwendung von Mandelas Stammesnamen. Zu den Idealen des Anti-Apartheid-Kämpfers habe unter anderem eine freie und gerechte Welt gehört, in der sich die Menschen nach Jahrzehnten des Rassismus versöhnt haben.

„Er glaubte an Frieden, dass wir in Frieden leben sollten, dass wir in Einheit leben sollten, dass wir als Regenbogennation vereint sein sollten“, sagte Zuma, an dessen Seite Mandelas Ex-Frau Winnie Madikizela-Mandela saß. „Er glaubte an die Fürsorge und er sorgte für uns. Er glaubte an Vergebung und er vergab – sogar denen, die ihn 27 Jahre im Gefängnis hielten.“ In der Bryanston-Methodistenkirche drängelten sich mehrere hundert Menschen, die gemeinsam für Mandela beteten und Kerzen entzündeten.

Ebenso wie in der Bryanston-Kirche versammelten sich überall im Land die Menschen zu Gebeten. Egal, ob Kirchen, Moscheen, Tempel oder Synagogen, eng gedrängt beteten und sangen die Menschen für Mandela. Präsident Zuma hatte zuvor einen Nationalen Gebetstag ausgerufen und an die Südafrikaner appelliert: „Singt für ihn, so laut ihr könnt.“ Mandela war am Donnerstag nach schwerer Krankheit im Alter von 95 Jahren gestorben.

Die Trauerfeier für den ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas ist am Dienstag im Fußballstadion von Soweto bei Johannesburg geplant. Die Beerdigung findet in Mandelas Heimatort Qunu statt. Eigentlich sollten an der Zeremonie dort nur die Familie, enge Freunde und politische Weggefährten teilnehmen. Doch nun werden viele tausend Gäste erwartet. Schon jetzt befindet sich der kleine Ort in der Provinz Ostkap mit seinen 220 Einwohnern im Ausnahmezustand. Vor dem kleinen Mandela-Museum auf einem nahen Hügel haben die Dorfbewohner am Samstag eine ewige Flamme entzündet. Mehr als 150 Menschen singen Lieder, in Xhosa, Mandelas Muttersprache, werden Ansprachen zu seinen Ehren gehalten.

Überall im Ort sind Polizei- und Militärfahrzeuge, Krankenwagen und Baufahrzeuge. Jugendliche helfen beim Aufbau einer Tribüne für die Ehrengäste des Begräbnisses. Rund 4000 Gäste sollen auf der Tribüne Platz finden – ob auch prominente Staatsgäste dabei sein werden, weiß hier niemand. Sie seien sehr stolz, auf diese Weise Mandela die Ehre erweisen zu dürfen, sagt Patrick Nelani, der den Tribünenbau beaufsichtigt. „Wir sind seine Familie und wir sind so stolz darauf, an seiner Beerdigung beteiligt zu sein.“

Mandelas Ärzte hatten seiner Frau Graca Machel am Donnerstag gesagt, dass Mandela wohl noch am Abend sterben werde. Genau so geschah es dann auch: Um kurz vor acht Uhr europäischer Zeit schloss der große Versöhner umgeben von engsten Verwandten zum letzten Mal die Augen. Auch Ruth Mompati, die in den 1950er Jahren in Mandelas Anwaltspraxis mit seinem Freund Oliver Tambo als Sekretärin und Empfangsdame arbeitete, wurde von Machel zum Abschiednehmen eingeladen und hielt Mandelas Hand kurz bevor er verstarb. „Es ist so traurig, dass er uns gerade jetzt verlassen hat, wo sich das Land wieder spaltet. Aber wir können uns sehr glücklich schätzen, ihn gehabt zu haben“, sagte Mompati.

Kurz nach dem Tod Mandelas und dessen offizieller Bekanntgabe durch Südafrikas Präsident Jacob Zuma versammelten sich enge Freunde der Familien in Mandelas Wohnhaus im Johannesburger Villenviertel Houghton, darunter Patrice Motsepe, Südafrikas reichster Geschäftsmann sowie vier Kabinettsminister. Besonders schwer war nach Angaben eines Anwesenden, der anonym bleiben wollte, der Moment, als das Militär den leblosen Körper des südafrikanischen Nationalhelden aus dem ersten Stock nach draußen trug. „Wir standen alle ehrfürchtig herum und sangen das Loblied ,Aah Dalibunga’, das Mandelas Enkel Mandla angestimmt hatte.“ AFP/dpa/wdr

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