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Protest mit Trikolore. Mitglieder der Gewerkschaft CGT gingen am Mittwoch in Marseille gegen die Sparmaßnahmen der französischen Regierung auf die Straße.

© Reuters

Sarkozys Torschlusspanik: Der Präsident versucht seine Wiederwahl zu sichern

Die Arbeitslosigkeit hat in Frankreich die Quote von zehn Prozent erreicht. Drei Monate vor der Präsidentschaftswahl will Frankreichs Staatschef Sarkozy nun die Beschäftigung ankurbeln.

Nicolas Sarkozy hat es noch eiliger, als er es sowieso immer hat. Drei Monate vor der Präsidentschaftswahl versammelte Frankreichs Präsident am Mittwoch die Sozialpartner zu einem Gipfelgespräch im Elysée-Palast. Dabei wollte er kurz vor dem Ende seiner fünfjährigen Amtszeit mit ihnen die beiden Probleme angehen, die neben der hohen Staatsverschuldung zum größten Hindernis für eine Bewerbung um ein neues Mandat geworden sind: die steigende Arbeitslosigkeit und die sinkende Wettbewerbsfähigkeit französischer Unternehmen gegenüber dem Ausland, vor allem gegenüber Deutschland. Und vom Nachbarn auf der anderen Seite des Rheins hat sich Sarkozy auch für die Lösungen inspirieren lassen, die er jetzt mit der Förderung der Kurzarbeit und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung von Sozialabgaben für Frankreich vorschlägt.

2,84 Millionen Franzosen, das entspricht einer Quote von knapp zehn Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung, sind derzeit ohne Arbeit. Damit sind über 700.000 Menschen mehr ohne Beschäftigung als zu Beginn von Sarkozys Amtszeit im Jahr 2007. Als die nationale Statistikbehörde im Dezember diese Zahl bekannt gab, entschied sich Sarkozy kurzfristig, Gewerkschaften und Arbeitgeber zum Spitzengespräch zusammenzurufen. Aus gutem Grund: In den Umfragen hat ihn der Kandidat der Sozialisten, François Hollande, überflügelt. Seit dem Entzug der Bestnote für Frankreichs Kreditwürdigkeit brennt es Sarkozy erst recht auf den Nägeln, noch vor Ende der Legislaturperiode „äußerst starke Maßnahmen“ zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit durchzusetzen, wie er am Mittwoch erklärte.

So kündigte Sarkozy nach dem Krisengipfel die Bereitstellung von 100 Millionen Euro zur Unterstützung von Unternehmen an, die an Stelle von Entlassungen Kurzarbeit einführen wollen. Insgesamt sollen 430 Millionen Euro zur Schaffung von Arbeitsplätzen locker gemacht werden. Die Aus- und Weiterbildung von Arbeitslosen soll gefördert und die Eingliederung von Jugendlichen in das Arbeitsleben erleichtert werden.

Eine Mehrwertsteuererhöhung würde zwölf Milliarden Euro einbringen

Bei der Mehrwertsteuer zur Finanzierung von Sozialabgaben – einem Punkt, der Vertreter der Arbeitnehmerorganisationen am meisten interessierte – hat sich Sarkozy offensichtlich noch nicht festgelegt. Die Absicht, die Mehrwertsteuer von derzeit 19,6 Prozent zu erhöhen, um mit den erzielten Mehreinnahmen die Belastung der Unternehmen durch Sozialabgaben zu reduzieren, stößt bei den Gewerkschaften auf entschiedene Ablehnung. Ihr Hauptargument ist, dass die Heraufsetzung der Mehrwertsteuer die Kaufkraft vor allem der unteren Einkommensschichten belasten würde. Und ob die Entlastung von Unternehmen durch geringere Sozialabgaben ihre Wettbewerbsposition gegenüber der ausländischen Konkurrenz verbessern würde, bezweifeln die Gewerkschaften. Auch die oppositionellen Sozialisten sind dagegen.

Selbst in der eigenen Regierungspartei UMP gibt es Zweifel an der „sozialen Mehrwertsteuer“, wie das Vorhaben verschämt getauft wurde. Die Steuer war schon einmal 2007 ins Gespräch gebracht worden, ist aber vielen Abgeordneten der Rechten wegen der ablehnenden Reaktion in ihren Wahlkreisen in schlechter Erinnerung geblieben. „Jeder Prozentpunkt mehr bei der Mehrwertsteuer bedeutet einen Prozentpunkt weniger Stimmenanteil“, sagte ein UMP-Abgeordneter.

Dass Sarkozy sich trotzdem mit dem Gedanken einer Mehrwertsteuererhöhung trägt, die zwölf Milliarden Euro einbringen könnte, wird in Regierungskreisen mit der Erfahrung erklärt, die in Deutschland gemacht wurde. Die höhere Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen sei zum Teil auf dieses Modell zurückzuführen, heißt es.

Ob es in Frankreich tatsächlich zur Nachahmung kommt, wird sich Ende Januar entscheiden. Dann will der Präsident den Franzosen in einer Fernsehansprache erklären, welche Reformen er noch vor der Wahl verwirklichen will. Die Rechnung wird dann nach der Wahl kommen.

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