zum Hauptinhalt

Politik: Der Wunsch nach Kontrolle

Die Sicherheitspolitiker der großen Koalition verhandeln über schärfere Anti-Terror-Gesetze

Stand:

Berlin - Der Bundesinnenminister und die Präsidenten der Sicherheitsbehörden gehen – spätestens nach den jüngsten Video-Warnungen durch islamistische Terroristen – von einer erhöhten Bedrohungslage in Deutschland aus. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte am Mittwoch, Deutschland sei als Terrorziel islamistischer Extremisten so gefährdet wie die USA und Großbritannien. Die Innen- und Justizpolitiker der großen Koalition wollen das sicherheitspolitische Instrumentarium erweitern, um Extremisten früher erkennen und Verdächtige besser beobachten zu können. An diesem Donnerstag beraten die Fachleute.

Den Sicherheitspolitikern geht es im Kern um eine deutlich weiter gehende Nutzung von Datenbeständen und um mehr Ermittlungskompetenzen für die Polizei, den Verfassungsschutz und den Zoll. Dabei ist zwischen Union und SPD umstritten, welche Verschärfungen notwendig und vertretbar sind. Bei der Online-Durchsuchung von Computern allerdings haben sich die Fachpolitiker weiter angenähert, als öffentliche Äußerungen es nahelegen.

Der strittige Punkt steht ganz oben auf der Tagesordnung: die Online-Fahndung durch die Polizei. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) stand der heimlichen Durchforstung von Computern Verdächtiger, wie von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vehement gefordert, bislang skeptisch gegenüber – und mit ihr ihre Partei. Nach der ersten Verhandlungsrunde in der Vorwoche sagt nun der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl: „Jetzt gibt es kein apodiktisches Njet mehr von der SPD.“ Auch der SPD-Innenpolitiker Fritz-Rudolf Körper sagt in vorsichtigen Worten, sollte man das Instrument denn haben wollen, dann „muss man auch eine gesetzliche Grundlage schaffen“.

Geklärt werden müsse jetzt zunächst, da sind sich Vertreter beider Parteien einig, für welchen Straftatverdacht die Online-Durchsuchung in welchem Rahmen überhaupt erlaubt werden sollte. Und mit Blick auf das Verfassungsgericht (und dessen strenges Urteil zur akustischen Wohnraumüberwachung) dringt Uhl darauf, dass ein Gesetz „rechtsstaatlich abgesichert ist“.

Daneben suchen die Fachpolitiker nach einer Lösung, den großen Lauschangriff, also die sogenannte akustische Wohnraumüberwachung, zu retten. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf der Wohnraum nur unter Beachtung der Privatsphäre auch Verdächtiger überwacht werden. Jetzt sollen sowohl die Polizeigesetze als auch die Regelungen für den Verfassungsschutz so überarbeitet werden, dass eine Überwachung nach Ansicht der Sicherheitsbehörden trotzdem realistisch ist. Mit Verweis auf die konkrete Zahl überwachten Wohnraums warnt Uhl vor einer neuerlichen aufgeregten Diskussion um den großen Lauschangriff. Nach seinen Angaben ging sie von mehr als 100 angeordneten Überwachungen vor dem Urteil auf sieben im Jahr 2005 zurück . Ebenfalls bereits in der Ressortabstimmung, also schon Gegenstand zwischen den Spitzen der Ministerien, steht die Telefonüberwachung.

Auf der Wunschliste der Sicherheitspolitiker findet sich auch noch die Rasterfahndung. Bislang steht das Instrument nur den Länderpolizeien zur Verfügung. Nach dem Willen insbesondere der Union soll künftig auch das Bundeskriminalamt eine Rasterfahndung anlaufen lassen dürfen. Zudem drängen Sicherheitsexperten auf eine Nutzung der Mautdaten für Ermittlungszwecke. Die Wunschliste der Union ist allerdings noch länger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })