
Vor dem EU-Gipfel: DGB bemängelt fehlende soziale Dimension in EU-Agenda
Ende der Woche soll beim EU-Gipfel eine europäische Agenda für die kommenden fünf Jahre beschlossen werden. Doch es gibt Streit um die Sozial- und Klimapolitik.
Fünf Seiten umfasst die „Neue Strategische Agenda 2019 bis 2024“, die beim EU-Gipfel Ende der Woche in Brüssel beschlossen werden soll. Die Staats- und Regierungschef legen damit gewissermaßen ein Rahmenprogramm für die nächste EU-Kommission in den Bereichen Klimaschutz, Migration, Wachstum und Handelspolitik vor. Allerdings kommt dabei nach Ansicht des DGB das Soziale zu kurz. Der vorliegende Entwurf für die Strategische Agenda der Europäer „ist wenig ambitioniert und enthält viel Business as usual“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann dem Tagesspiegel.
"Sozialpolitik ist nicht mehr als ein Dreizeiler"
Die Strategische Agenda für die kommenden fünf Jahre soll beim Gipfel Ende der Woche in einer Phase beschlossen werden, die für die EU eine Übergangsperiode darstellt: Zwar ist die gegenwärtige Kommission unter dem Luxemburger Jean-Claude Juncker noch im Amt. Gesetzgebungsarbeit wird aber nach der Europawahl erst wieder von der Nachfolge-Kommission, die am 1. November ihr Amt antreten soll, geleistet werden. Hoffmann kritisierte dabei die Schwerpunktsetzung im Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre: „Die Sozial- und Beschäftigungspolitik, die unter der Juncker-Kommission noch eine wesentliche Rolle gespielt hat, ist nicht mehr als einen Dreizeiler wert“, sagte er mit Blick auf den Entwurf, den der EU-Ratschef Donald Tusk erstellt hat. „Wenn die Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimawandels angenommen werden sollen, braucht die EU ein anspruchsvolles Zukunftsinvestitionsprogramm, das auch bei den Menschen ankommt“, forderte Hoffmann.
Auch die Bundesregierung verlangt mehr Ehrgeiz in sozialen Belangen
Auch bei den Beratungen im Kreis der EU-Botschafter in Brüssel hatten mehrere Mitgliedstaaten beklagt, dass das Gipfeldokument keinen Bezug auf die sogenannte soziale Säule der EU nimmt. Frankreich, Spanien, Italien und Portugal sprachen sich bei einem Treffen in der vergangenen Woche dafür aus, die EU-Sozialforderungen – darunter faire Löhne und Hilfe bei Arbeitslosigkeit – stärker zu berücksichtigen. Zudem verlangten Deutschland, Dänemark, Schweden und die EU-Kommission, dass die Staats- und Regierungschefs beim Verfassen der Strategischen Agenda mehr Ehrgeiz in sozialen Belangen an den Tag legen sollten.
Streit um den Klimaschutz
Für Streit sorgt auch das Klimaschutz-Kapitel in der Strategischen Agenda. Noch ist offen, ob sich die EU in dem Dokument konkret auf das Ziel einer Treibhausgasneutralität im Jahr 2050 festlegen soll. Bulgarien, Tschechien und Polen wenden sich dagegen. Die Ko-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller, kritisierte das Fehlen der Jahreszahl. „Für den Klimaschutz ist das zu wenig“, sagte sie dem Tagesspiegel. „So wird das Ziel, den Planeten lebenswert zu halten, auf den St. Nimmerleinstag verschoben“, fügte sie hinzu. Zudem sei es „bezeichnend“, dass sich im Wirtschaftskapitel der EU-Agenda kein Wort zum Klimaschutz finde. Den Staats- und Regierungschefs der EU scheine „nicht klar zu sein, dass Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe ist“, monierte Keller.