zum Hauptinhalt

Gesundheitsfond: Dickes Polster

Viele Kassen starteten mit einem Plus in den Gesundheitsfonds – die Versicherten profitieren kaum davon. Die düsteren Prognosen waren nur eine Drohkulisse.

Berlin - Der Sieger sitzt in Saarbrücken. Als erste Krankenkasse hat die IKK Südwest-Direkt ihren 340 000 Mitgliedern für 2009 definitiv eine Prämienrückzahlung zugesichert. Pro Quartal würden jedem Mitglied 25 Euro zurücküberwiesen, verspricht Vorstandschef Frank Spaniol. Die Auszahlung beginnt im April. Und natürlich erhofft sich Spaniol von diesem Signal schon im laufenden Jahr ein „ungebremstes und überdurchschnittlich starkes Mitgliederwachstum“.

Die anderen Kassen sind zögerlicher – trotz Wettbewerbsdrucks und überraschend hoher Überschüsse aus dem Jahr 2008. Den Rekord hielten diesbezüglich die 15 Allgemeinen Ortskrankenkassen mit einem Plus von 811 Millionen Euro. Doch trotz des Polsters konnten sie sich gerade mal dazu durchringen, ihren 24,5 Millionen Versicherten für das laufende Jahr den Verzicht auf Zusatzbeiträge zuzusagen. Von Rückerstattungen keine Rede.

Bei den anderen großen Versicherern, den Ersatzkassen, ebenso wenig. Doch als Verlierer in dem Wettlauf will auch keiner dastehen. Bloß keine Zusatzbeiträge, lautet die Devise in den Zentralen von Techniker Krankenkasse, Barmer und DAK. Die gemeinsame Sprachregelung: Man sei willens und guter Hoffnung, in diesem Jahr noch ohne auszukommen.

Dabei schafften auch die acht Ersatzkassen mit ihren 23,6 Millionen Versicherten einen Überschuss von 592 Millionen Euro. Der Blick auf die Leistungsseite freilich trübt die schönen Zahlen. Im Schnitt mussten die gesetzlichen Versicherer pro Mitglied wieder vier Prozent mehr ausgeben. Dickster Posten sind die um 4,5 Prozent gestiegenen Arzneiausgaben. In die Arztpraxen flossen 4,3 Prozent mehr, in die Kliniken 2,8 Prozent. Angesichts solcher Dynamik lasse sich nur schwer abschätzen, wie lange das zugewiesene Geld aus dem Gesundheitsfonds reichen werde, heißt es bei den Kassen. Ihre düstere Prognose freilich, schon 2009 nahezu flächendeckend Zusatzbeiträge verlangen zu müssen, entpuppt sich im Nachhinein als bloße Drohkulisse und Druckmittel im Kampf um einen möglichst hohen Einheitsbeitrag. Und das größte Risiko – sinkende Beitragseinnahmen durch die Wirtschaftskrise – trägt dank Gesundheitsfonds auch erst einmal der Staat.

Eng werden könnte es für manchen dennoch – etwa für den bisherigen Branchenprimus Techniker Krankenkasse (TK) mit seinen 7,2 Millionen Versicherten. Durch den verfeinerten Risikoausgleich gereicht ihm der frühere Vorteil vieler gutverdienender und gesunder Versicherter zunehmend zum finanziellen Nachteil. Zu den Ausgleichszahlungen an die Konkurrenz kommt noch die Übernahme der IKK-Direkt. Just die nämlich hat 2008 mit rund 50 Millionen Euro das dickste Minus aller Innungskassen eingefahren. TK- Sprecherin Dorothee Meusch beteuert nichtsdestotrotz, dass man „nach wie vor froh“ sei über die Fusion und mit den 199 Millionen Euro Überschuss vom Vorjahr auch gut aufgestellt. Und das Wichtigste: „Wir haben nicht vor, 2009 einen Zusatzbeitrag zu erheben.“

Beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen dagegen will man selbst einen solchen Offenbarungseid nicht ausschließen. Allerdings gebe es auch zwei bis drei Kassen, die über Rückzahlungen nachdächten, sagt Sprecherin Christine Richter. Die derzeit 155 Betriebskassen seien eben sehr unterschiedlich. Und zusammengenommen schon auch erfolgreich. Ihr Plus lag 2008 bei 306 Millionen Euro.

Ins Minus gerieten lediglich die 14 Innungskrankenkassen sowie die Knappschaft Bahn-See – und deren Sprecher beteuern unisono, dies „ganz bewusst“ in Kauf genommen zu haben. „Wir wollten die Beitragssätze niedrig halten“, sagt der Sprecher der IKK e. V., Joachim Odenbach. Und er stellt klar: „Wir haben kein finanzielles Problem.“ Im Gegenteil: Neben der IKK Südwest-Direkt gebe es sogar noch drei weitere Innungskassen, die eine Beitragsrückzahlung erwögen.

Die beiden Kassen indessen, die dies schon 2008 vollmundig in Aussicht gestellt hatten, sind zurückgerudert. Bei der Knappschaft wollen sie nun erst Mitte 2009 über mögliche Prämien entscheiden. „Wir sind vorsichtiger geworden“, sagt Sprecherin Susanne Heinrich rundheraus. Kein Wunder: Das Defizit aus dem vergangenen Jahr beträgt stolze 199 Millionen Euro. Und auch bei dem früheren Rekordhalter in Sachen günstige Beiträge, der IKK Sachsen, ist wegen roter Zahlen vorerst nicht mehr von Rückerstattung die Rede. „Frühestens nach dem ersten Quartal“ werde man darüber entscheiden, sagt Sprecherin Andrea Ludolph.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false