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Richard Gärnter, gespielt von Matthias Habich (li.) , will in dem Fernsehspiel "Gott" das Recht auf Selbstmord durchsetzen.

© ARD Degeto/Moovie GmbH/Julia Ter

Der Film als Debattenanstoß: Die größte Freiheit ist die Entscheidung über den eigenen Tod

Die ARD-Produktion "Gott" setzt die Debatte über Sterbehilfe in Gang. Diese ist überfällig, seit das Verfassungsgericht hier neu geurteilt hat. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Barbara John

Sterben ist beileibe kein  Ich-will-mehr-darüber Wissen-Thema. Doch möglicherweise ändert sich das gerade ein wenig. Nicht wegen Corona, sondern eher aufgrund des am vergangenen Montag von der ARD ausgestrahlten Films „Gott“ nach einem Theaterstück von Ferdinand von Schirach.

Alles dreht sich darum, ob es dem 78 Jahre alten Architekten im Ruhestand, Richard Gärtner, auch in Deutschland rechtlich erlaubt sein soll, sein Leben zu beenden, mit Assistenz seiner Ärztin, die ihm straffrei ein tödlich wirkendes Präparat verschreiben darf.

Der Mann ist körperlich gesund, aber psychisch am Boden, ohne jeden Lebensmut nachdem er das lange und elende Sterben seiner Frau an einem Hirntumor mitansehen musste.

Die Filmhandlung ist als fiktive Sitzung des Deutschen Ethikrates gestaltet. Der anwesende Petent Richard Gärtner trägt dem Rat und den berufenen Sachverständigen sein Anliegen vor. Am Schluss werden die Zuschauer von der Vorsitzenden des Rates aufgefordert medial zu entscheiden, ob Herrn Gärtner das tödliche Medikament verabreicht werden soll.

Eine große Mehrheit des TV-Publikums will den Freitod zulassen

Eine Mehrheit von 70,8 Prozent des Fernsehpublikums stimmte online oder telefonisch mit Ja. Ein Quotenerfolg war der Film mit einem Markanteil von knapp elf Prozent allerdings nicht. Aber er hat bei vielen eine Diskussion in Gang gesetzt. Eine Auseinandersetzung in der Gesellschaft, in der Familie, unter Freunden und Kollegen, die bisher eher hinter vorgehaltener Hand lief.

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Damit könnte es nun vorbei sein. Nicht aufgrund des Films, der hat sich jetzt aber als nützliches Medium erwiesen. Der Grund? Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar dieses Jahres wurde der Staat grundsätzlich verpflichtet, den assistierten, nichtkommerziellen Freitod zuzulassen. Eine Kehrtwendung Doch seitdem hüllt sich die Bundesregierung in Schweigen, anstatt gesetzliche Regelungen zu erlassen, damit die Grundsatzentscheidung einen behutsamen legalen Rahmen bekommt, wie es Karlsruhe empfohlen hat.

Ob die begonnene Diskussion zum selbstbestimmten Sterben anhält, beispielsweise Zündstoff wird in Talksendungen? Frank Plasberg hat jedenfalls einen ersten Aufschlag gemacht unmittelbar nach der Ausstrahlung des Films. Der stand noch ganz im Zeichen eines Sterbehilfe verlangenden Protagonisten, der einfach nicht mehr leben wollte. Wohl eher ein untypischer Fall.

Plötzlich mehr Freiheit als je zuvor zu haben im Hinblick darauf, wie man sterben will, ist erst mal kein lästiger Freiraum. Wie das selbstbestimmte Sterben letztendlich aussieht, dazu fällt jedem schon das Richtige ein, sofern er gelernt hat, sich selbst zu vertrauen.   

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