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Die Kanzlerin und das Reich der Mitte: „Frau Merkel hat hohes Ansehen in China“
Die Chinesisch-Übersetzerin von Merkels Autobiografie erklärt, warum ihre Landsleute nicht nur Deutschland, sondern auch die langjährige Regierungschefin verehren.
Stand:
In mehr als 30 Ländern soll Angela Merkels Autobiografie „Freiheit“ erscheinen, darunter auch in China. Der Tagesspiegel fragte die Chinesisch-Übersetzerin des Buches, Meng Hong, warum sich Chinesinnen und Chinesen für das Werk einer deutschen Politikerin interessieren sollen. Frau Professor Meng Hong ist Senior Research Fellow am Center for German Studies an der Renmin-Universität in Peking. Hier ist ihre Antwort:
Deutschland genießt in China einen besonderen Stellenwert, nicht nur aufgrund seiner Wirtschaftskraft und Innovationsfähigkeit, sondern auch aufgrund seiner historischen Entwicklung, dazu zählen insbesondere die Wiederaufbauerfahrungen nach den beiden Weltkriegen, aber auch bezüglich der Entwicklung nach der friedlichen Wiedervereinigung beider deutscher Staaten im Jahr 1990.
Frau Merkel gilt als wichtige Zeugin der Entwicklung des Nachkriegsdeutschlands und insbesondere als ein positives Beispiel einer erfolgreichen persönlichen Entwicklung nach dem Berliner Mauerfall, und zwar von der jungen Naturwissenschaftlerin über „Kohls Mädchen“ bis hin zu einer der mächtigsten PolitikerInnen in der Welt.

© dpa/Rainer Jensen
Während ihrer 16-jährigen Regierungszeit strebte Frau Merkel nicht nur eine wertorientierte, sondern vor allem eine real- und interessenbasierte Chinapolitik an, was im zunehmenden Globalisierungsprozess die interkulturelle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China trotz Differenzen hinsichtlich der historischen Entwicklung, des politischen Systems und des kulturellen Backgrounds förderte.
Während ihrer Regierungszeit war Frau Merkel insgesamt zwölfmal in China. Nach dem Ausbruch der europäischen Staatsschuldenkrise versuchte sie, chinesische Investoren zu ermutigen, an den Euro zu glauben und den Schritt zu wagen, in Deutschland zu investieren.
Dass Frau Merkel auch versucht hat, chinesisch kochen zu lernen, hat bei vielen Chinesen einen sehr sympathischen Eindruck hinterlassen.
Professorin Meng Hong, Center for German Studies an der Renmin-Universität Peking
Auch dank Frau Merkel sind bilaterale Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und China neben Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialog zur Schröders Regierungszeit eingerichtet worden, die sich die Förderung des intensiven Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern in unterschiedlichen Bereichen mit der globalen Verantwortung zum Ziel setzten.
Frau Merkel verschafft sich ein hohes Ansehen in China auch dadurch, dass sie bei ihren Chinareisen neben Peking auch in verschiedene chinesische Städte reiste, Vorträge an Universitäten hielt, historische Erinnerungsorte bzw. Sehenswürdigkeiten besuchte, einkaufen ging. Dass sie auch versucht hat, chinesisch kochen zu lernen, hat bei vielen Chinesen einen sehr sympathischen Eindruck hinterlassen.
Merkel hat zu ihrer Regierungszeit das „Kanzlerin-Stipendium“ eingeführt, drei meiner Studentinnen haben dieses Stipendium erhalten und konnten jeweils für ein Jahr einen Forschungsaufenthalt in Deutschland absolvieren. Inzwischen gibt es übrigens in China mehr als hundert Universitäten, die Germanistikabteilungen bzw. Forschungszentren für Deutschlandstudien errichtet haben.
So gehe ich davon aus, dass die Autobiografie von Frau Merkel viele Menschen in China ansprechen wird, wenn das Buch in chinesischer Version Anfang nächsten Jahres erscheinen wird.
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