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aTarek Al-Wazir (Grüne,l), hessischer Wirtschaftsminister mit Volker Bouffier (CDU) waren Vorreiter.

© Boris Roessler/dpa

Schwarz-grüne Koalitionen: Die neue Normalität in der neuen Generation

In Hessen war dieses Bündnis einst etwas Besonderes - aber CDU und Grüne haben sich verändert. SPD und FDP müssten alarmiert sein. Ein Kommentar.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Daniel Günther, Hendrik Wüst und jetzt Boris Rhein – die CDU hat einen weiteren neuen Ministerpräsidenten. Diesmal in Hessen, im Parlament nach dem Langzeitregenten Volker Bouffier im ersten Wahlgang gewählt, was keine Selbstverständlichkeit ist.

Generell nicht, und hier im Besonderen nicht, denn die erste schwarz-grüne Koalition in Deutschland überhaupt regiert mit gerade mal einer Stimme Mehrheit. Da hätte alles passieren können. Aber keiner und keine brachte den zweifelhaften Mut auf, in geheimer Wahl ein Mütchen zu kühlen.

Es scheint also ziemlich gut zu laufen in Hessen, einstmals einer Bastion christdemokratischer Konservativität. Da war die CDU stolz darauf, ein „Kampfverband“ zu sein. Alfred Dregger, Manfred Kanther, Roland Koch, das waren die Namen, die für diese Richtung standen.

Einstmals, denn in den zwölf Jahren unter Bouffier hat sich viel verändert. Er sich selbst auch, vom Hardliner in der Innenpolitik hin zum großen Moderator.

Die Konservativen in Hessen sind geläutert

Aber über die Stil hinaus gibt es seither die Bereitschaft, sich neuen Inhalten zu öffnen. Joschka Fischer, früher in Frankfurt zu Hause, stünde heute nicht mehr unter Radikalenverdacht. Nicht bei Boris Rhein, dem Frankfurter, auch er ein geläuterter Konservativer neuen Zuschnitts. Nein, wo doch die CDU heute auch im Bund bunter werden will; unter einem Friedrich Merz, der sich erklärtermaßen vorgenommen hat, die Bürger:innen zum Staunen zu bringen.

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Was vom heute 70jährigen Bouffier ausgegangen ist, hat seine Partei in ihrer Breite erreicht: Grüne Schwarze – noch dazu aus einer Alterskohorte, geboren in den siebziger Jahren – treffen mehr und mehr auf schwarze Grüne, sogar in früher linken Landesverbänden. Schauen wir nur nach Nordrhein-Westfalen und auf Mona Neubaur. Das kann was werden, die nächste schwarz-grüne Koalition – und nicht nur dort.

Der SPD müsste angst und bange werden angesichts der Entwicklung. Das Alternativmodell strahlt aus, Schwarz-Grün (oder auch Grün-Schwarz wie im Ländle) läge jetzt schon vor der Ampel im Bund. Die Union bei 29 Prozent, zehn Punkte vor der SPD, die Grünen liegen auch noch fünf Punkte vor ihr, der Kanzlerbonus vergangen – die Sozialdemokraten fallen in Umfragen zurück auf die Zahlen vor der großen Flut, die dazu beitrug, Olaf Scholz ins Kanzleramt zu spülen.

Zumal es zwischen Schwarz und Grün immer eine Brücke gab. Ob Umwelt oder Wirtschaft – so erstaunlich ist die Annäherung nicht. Schon Heiner Geißler wollte sie fördern, auch Wolfgang Schäuble. Und jetzt erwachsen der SPD und der FDP die Konkurrenten, und sie finden nur schwer Antworten.

Günther, Wüst und Rhein: Sie können jetzt beweisen, dass in ihrer Konstellation die Zukunft liegt. Jung genug sind sie, erheblich jünger als der Kanzler. Die Generation Schwarz-Grün wächst schnell.

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