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Politik: Die Spur führt zu Assad

Es war am 26. August 2004 in Beirut.

Es war am 26. August 2004 in Beirut. Eine kleine Gruppe politischer Mitstreiter wartete in der Stadtvilla von Drusenführer Walid Dschumbladt auf die Rückkehr des damaligen Premierministers Rafik Hariri aus Damaskus. Nervös, bleich und fahrig habe Hariri gewirkt, als er schließlich eintraf, erinnerten sich die vier Politiker, alle damals Abgeordnete des libanesischen Parlaments. Erschöpft ließ sich der Regierungschef in einen der weißen Plastikstühle fallen, warf den Kopf nach hinten und ließ die Arme baumeln. Dann lehnte er sich abrupt nach vorne und beschrieb, was er zuvor im syrischen Präsidentenpalast erlebt hatte. Staatschef Baschar al-Assad habe ihn bedroht und gesagt: „Wenn du und Chirac mich aus dem Libanon vertreiben wollt, werde ich den Libanon auf deinem Kopf zerschmettern“.

Als wir damals diese Worte hörten, wussten wir, das war sein Todesurteil, sagte Dschumbladt später. Hariri selbst schrieb in seinen Aufzeichnungen, dieser Besuch bei Assad sei „einer der schlimmsten Tage“ seines Lebens gewesen. Knapp sechs Monate später war der Libanese tot, am 14. Februar 2005 ermordet durch eine auf einem Lastwagen deponierte Bombe.

Die Nachricht von dem brutalen Treffen der beiden Politiker wurde nun erstmals auch von syrischer Seite bestätigt – eine Enthüllung, die das Regime in Damaskus erschüttert. „Ich werde jeden zerquetschen, der versucht, uns den Gehorsam zu verweigern“, soll Assad nach Angaben des syrischen Vizepräsidenten Abdel-Halim Chaddam dem libanesischen Premier damals gedroht haben, der nach dem Treffen heftiges Nasenbluten bekam.

Für Assad und seine Getreuen wird es nun eng. Sein langjähriger Geheimdienst-Statthalter im Libanon bot mittlerweile sogar den eigenen „Märtyrertod“ an. Denn die UN-Ermittler wollen sich nun die gesamte syrische Staatsspitze vorknöpfen. Bislang hatte der syrische Diktator stets den Eindruck erweckt, er habe mit der Mordaktion in Beirut nichts zu tun. Zwar beschuldigte auch der neue syrische Kronzeuge Chaddam bislang Assad nicht persönlich. Er wies aber sybillinisch darauf hin, dass der syrische Geheimdienst den Anschlag nicht an dem Staatschef vorbei hätte planen können.

So überraschend und freimütig diese Aussage auch ist, sie bedeutet nicht, dass Chaddam ein von seinem Gewissen geplagter Ehrenmann ist. Er gehört zu der alten Garde um Assads Vater Hafiz, der 2000 starb. Er war immer ein strikter Befürworter der syrischen Militärpräsenz im Libanon. Und er galt als enger Weggefährte des syrischen Innenministers Ghasi Kanaan, der im Oktober kurz nach seiner Vernehmung durch UN-Ermittler Selbstmord beging. Möglicherweise war Chaddam sogar selbst in den Mordkomplott verwickelt – und trat jetzt die Flucht nach vorne an. Vielleicht plante ja der international bedrängte Assad, dem UN-Sicherheitsrat seinen ungeliebten Vize als eigentlichen Drahtzieher zu präsentieren. Der hat sich nun rechtzeitig aus dem Staub gemacht und nach Paris abgesetzt. Und kündigte dort „zu gegebener Zeit“ neue Enthüllungen an.

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