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Politik: „Die Zeit reicht, wenn wir nur wollen“

Finnlands Premier Matti Vanhanen über die EU-Verfassung, politische Führung – und Angela Merkel

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Die „Berliner Erklärung“ wurde noch bis zur letzten Minute abgestimmt. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?

Ich bin sehr zufrieden. Mir war es wichtig, dass wir sagen, was wir erreicht haben, was unsere Werte sind, und mit welchen großen Herausforderungen wir es in den nächsten zehn bis 20 Jahren zu tun haben. Die Bürger Europas sollten verstehen, dass das die wichtigen Themen sind, bei denen wir wirklich zusammenarbeiten müssen. In dieser Hinsicht ist der Text der Erklärung wirklich gut.

Kann die Erklärung denn wirklich einen Einfluss auf die europäische Öffentlichkeit haben?

Wenn die Menschen sie lesen, ja. Ich hoffe das sehr. Der Hauptgrund, warum Bürger gegen die Reform der europäischen Institutionen und gegen den Verfassungsvertrag sind, ist, dass sie nicht verstehen, wozu wir die EU brauchen, auch in Zukunft. Wenn die Menschen einsehen, dass es manchmal wirklich besser ist, zusammenzuarbeiten als allein zu handeln, können sie auch die Reformen besser akzeptieren. Es ist gut, dass wir uns manchmal selbst beeindrucken können, so wie mit dieser Erklärung.

Kritiker sagen, die „Berliner Erklärung“ sei nur der kleinste gemeinsame Nenner. Die Begriffe „Erweiterung“ und „Verfassung“ kommen darin nicht einmal vor.

Wir wollten Alltagssprache benutzen. Zur Erweiterung wird gesagt, dass die Europäische Union auch in der Zukunft offen sein wird. Wir wissen, welche Schwierigkeiten es mit dem Verfassungsvertrag gibt. Vielleicht ist es besser, dass wir einen neuen Begriff dafür finden. Der Inhalt ist wichtig, nicht der Name des Abkommens. Wir haben jetzt den politischen Willen, diese Reformen anzugehen.

Ist der Plan, die Verfassungsreform bis 2009 auf die Beine zu stellen, nicht ein wenig optimistisch?

Das ist eine große Herausforderung. Wir dürfen jetzt nur keine Zeit mehr verlieren. Während der portugiesischen Präsidentschaft müssen wir die Hauptaufgaben erledigen und zu einer Einigung kommen. Wir alle wissen, wo die Schwierigkeiten liegen. Nun müssen wir politische Führung zeigen, um Lösungen zu finden. Die Zeit reicht aus, wenn wir nur wollen.

Wie können die Länder stärker eingebunden werden, die der Verfassung skeptisch gegenüberstehen?

Wir brauchen jetzt mehr politische Führung. Unsere Erklärung sagt, warum die Europäische Union so wichtig für uns ist. Jetzt geht es darum, auch die Menschen davon zu überzeugen.

In welchen Ländern braucht Europa mehr Führung?

In jedem Land. Die Politik muss zur Akzeptanz des neuen Vertrages beitragen. In Finnland haben wir den Vertrag im vergangenen Herbst ratifiziert. Vor einer Woche hatten wir Wahlen, die gezeigt haben: Die Menschen akzeptieren, dass wir den Vertrag ratifiziert haben.

Was ist Ihr Eindruck von der deutschen EU-Präsidentschaft?

Angela Merkel ist sehr tatkräftig. Die Art und Weise, in der sie kürzlich beim Europäischen Rat in Brüssel die Schlussfolgerungen gezogen hat, war bemerkenswert. Sie macht ihre Sache als Ratspräsidentin sehr gut.

Wo sehen Sie Finnlands künftige Rolle innerhalb der Europäischen Union?

Wir werden uns tatkräftig beteiligen. Wir sind ein aktives Mitglied der EU und bekommen auch sehr viel von der EU zurück. Der gemeinsame Markt ist sehr wichtig für uns. In den Fragen der Energiepolitik und des Klimawandels wollen wir uns engagieren, aber auch bei der Innovationspolitik und der Wettbewerbsfähigkeit.

Das Gespräch mit Matti Vanhanen führte Claudia von Salzen.

Matti Vanhanen (51) ist seit Juni 2003 finnischer Ministerpräsident. Nach den Wahlergebnissen vom 18. März wird der frühere Journalist voraussichtlich auch weiterhin die Regierung führen.

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