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Anti-Zuma-Proteste in Johannesburg: Korruption, Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft, so lauten die Vorwürfe

© dpa

Südafrika: Die Zuma-Dämmerung

Nachdem der Präsident Südafrikas von einem Korruptionsskandal zum nächsten gestolpert ist, könnte die Affäre um seine Finanzminister ihn vollends das Vertrauen der Regierungspartei ANC kosten

Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat noch nicht einmal die Halbzeit seiner zweiten Amtszeit erreicht. Aber ob er den nächsten Wahltermin 2019 noch als Chef der Regierungspartei ANC und als Staatschef erleben wird, darauf wetten nicht einmal mehr seine Verbündeten. Dass vor Weihnachten Tausende in Johannesburg, Pretoria und Kapstadt unter dem Slogan „Zuma muss gehen“ gegen ihn demonstriert haben, war der Höhepunkt eines Jahres, in dem ein Korruptionsskandal den nächsten jagte. Und immer stand der 73-Jährige im Mittelpunkt.

Als Zuma am 9. Dezember ohne Vorwarnung seinen angesehenen Finanzminister Nhlanhla Nene feuerte, ihn durch den unbekannten Hinterbänkler David van Rooyen ersetzte, nur um vier Tage später Pravin Gordhan zurückzuholen, hat der Präsident offenbar seine Macht überschätzt. Nach Ansicht langjähriger Beobachter hat sich Zuma durch sein willkürliches Handeln selbst am meisten geschadet. Er habe deutlich die Grenzen seiner Macht aufgezeigt bekommen, schreibt der Ray Hartley, vormals Chefredakteur der „Sunday Times“. Offenbar habe der Präsident nicht mit einer so massiven Gegenreaktion der Öffentlichkeit gerechnet.

Das britische Magazin „Africa Confidential“ berichtete von einem Treffen der wichtigsten Geschäftsleute und Banker Südafrikas mit ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe und Zumas Chef des Präsidentenamts, Jeff Radebe, am 13. Dezember. Die Wirtschaftsgrößen hätten klargemacht, dass der Absturz der Landeswährung Rand ungebremst weiter gehen, die Inflation weiter steigen und das ohnehin miese Rating des Landes knapp über Ramsch-Niveau noch weiter abstürzen könnte, wenn nicht schnell ein akzeptabler Finanzminister den Posten übernehmen würde. Keine zwei zweieinhalb Stunden später war van Rooyen entlassen und Pravin Gordhan zurück auf seinem alten Posten, den er nach der Wahl 2014 zunächst verloren hatte.

Die Nachfolger bringen sich in Position

Im Kampf um Zumas Nachfolge, analysiert „Africa Confidential“, habe der Vize-Präsident Cyril Ramaphosa derzeit die Nase vorn. Zuma selbst unterstützt seine Ex-Frau und derzeitige Chefin der Kommission der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini-Zuma, als seine Nachfolgerin. Ramaphosa ist eng verbunden mit der neuen wirtschaftlichen Elite, die zwar den ANC, aber nicht unbedingt auch Zuma unterstützt. Seine Frau Tshepo Motsepe, eine frühere Risiko-Analystin bei der Unternehmensberatung Deloitte, ist die Schwester der Milliardärin Patrice Motsepe. Verlassen kann sich Zuma weiterhin auf die Unterstützung der schwerreichen Gupta- Brüder verlassen, die unter anderem an Uran-Minen beteiligt sind, und denen nachgesagt wird, das südafrikanische Atomprogramm stark zu puschen. Just am 9. Dezember, kurz bevor Zuma Nene feuerte, hatte das Kabinett den von Zuma mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin abgeschlossenen Vertrag über den Bau von acht Atomkraftwerken mit einer Leistung von insgesamt 9600 Megawatt gebilligt. Nene hält das Unternehmen für unbezahlbar. Nach konservativen Schätzungen soll das Atomprogramm 60 Milliarden Euro kosten. Das entspricht in etwa einem Jahreshaushalt Südafrikas. Da beim Bau von Atomkraftwerken die Kosten aber in der Regel explodieren, sind Schätzungen vom doppelten bis fünffachen dieser Summe im Umlauf. Zumal der Bau eines einfachen Kohlekraftwerks des staatlichen Energiekonzerns Escom, Medupi, statt der geplanten 2,1 Millionen Euro und sechs Jahren Verspätung beim Bau am Ende wohl eher 6,3 Millionen Euro gekostet haben wird. Die südafrikanische Bischofskonferenz hat schon im August in einem Expertenpapier zum südafrikanischen Atomprogramm darauf hingewiesen, dass Wind- und Solaranlagen deutlich preiswerter zu haben sind – und zudem weniger auf staatliche Mittel angewiesen wären, da viele private Investoren zur Stelle seien.

Südafrikanischer Präsident Zuma: von einem Skandal zum nächsten gehangelt
Südafrikanischer Präsident Zuma: von einem Skandal zum nächsten gehangelt

© Reuters

Ex-Finanzminister Nene betonte jedenfalls in einem Interview, dass er bis zuletzt versucht habe, die Staatskasse vor Zugriffen Unbefugter zu schützen. Wen er damit gemeint hat, ist leicht nachzuvollziehen: Zuma selbst. Denn nach dem Rauswurf Nenes hat er einen öffentliche Rede gehalten, in der er ausgiebig den Unterschied zwischen „wahren Afrikanern“ und solchen, die sich von den Kolonialisten in England und Frankreich haben „zurichten lassen“ sprach –und darüber, dass politische und ökomomische Macht zur Befreiung von den Kolonialisten nötig sei. Der „Economist“ analysierte, dass Zuma offenbar nicht verstehe, dass ihm als Präsidenten nicht automatisch auch alle Staatsressourcen zur Verfügung stünden.

Nene hat sich mit den Mächtigen angelegt

Nene hatte sich nicht nur dem Atomprogramm widersetzt. Er hatte auch in einem Brief an die Chefin der staatlichen Fluggesellschaft South African Airways, Dudu Myeni, direkt vor seinem Rauswurf, gefordert, dass sie es unterlassen solle, mit Airbus neue Lieferbedingungen zu verhandeln, die für Südafrika noch teurer werden könnten. Zuma hatte Myeni gegen Widerstand an die Spitze der maroden Airline gesetzt. Sie gilt als enge Vertraute Zumas.

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Sogar an der Basis verliert der Präsident an Rückhalt: Eine Petition im Internet, die Zumas Rücktritt fordert, fand in nur drei Tagen mehr als 100 000 Unterstützer. Für Zuma, der sich gern als der starke Mann Südafrikas darstellt, ist das ein herber Rückschlag. „Es ist deutlich geworden, dass er nicht über die Macht verfügt, die er glaubte, kraft seines Amtes ausüben zu können“, sagt Hartley.
Der prominente Analyst Nic Borain, der zu Apartheidzeiten im Untergrund für Zuma arbeitete, der damals Geheimdienstchef des ANC war, erwartet nun eine längere Zeit der Unsicherheit: „Zuma steht mit dem Rücken zur Wand, weil er eine Entscheidung gefällt hat, die ihn schwach und töricht erscheinen lässt.“ Schon im November hatte der ehemalige Kurzzeitpräsident Kgalema Motlanthe öffentlich gesagt, dass das historische Bündnis zwischen dem ANC, dem Gewerkschaftsbund Cosatu und der kommunistischen Partei Südafrikas „zerbrochen“ sei. Der Machtkampf um den ANC ist offenbar in vollem Gang.

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