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Anti-Salafisten-Demo in Offenbach.

© dpa

Soll der Salafist Erhan A. abgeschoben werden?: Ein offenes Land braucht klare Regeln

Er gilt als "erhebliche Gefahr für die Sicherheit Deutschlands". Deshalb soll Erhan A. abgeschoben werden. Doch so ungemütlich es klingt: Der Kampf gegen den IS muss auch innerhalb des Landes geführt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Antje Sirleschtov

Den Kemptenern wird die Nachricht aus dem bayerischen Innenministerium wohl gefallen. Seit geraumer Zeit verunsichert eine Gruppe gewaltbereiter Islamisten den Ort. Vor wenigen Tagen nun hat die bayerische Polizei den 22-jährigen Salafisten Erhan A. in eine Abschiebehaftanstalt gesteckt. Klares Ziel der Behörden: Der Islamist wird abgeschoben, in die Türkei.

Der Mann hatte kurz zuvor in einem Zeitungsinterview freimütig gestanden, er würde nicht zögern, im Zweifelsfall sogar seine Familie zu töten, wenn sie sich seinen Zielen entgegenstellte. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erkannte daraufhin, Erhan A. sei eine „erhebliche Gefahr für die Sicherheit Deutschlands“. Nun wird der Salafist des Landes verwiesen. Dann hat’s a Ruh, heißt es wohl auf bayerisch.

Deutschland ist ein offenes Land mitten in Europa

Wirklich? Der internationale Kampf gegen Dschihadisten aus aller Welt, die einen Islamischen Staat errichten wollen, hat auch Deutschland erreicht. Und es stellt sich die drängende Frage: Sollen wir die Kämpfer und ihre Unterstützer aus dem Land drängen oder sie, so erwarten es die Verbündeten im Kampf gegen IS, lieber an der Ausreise hindern und so neue Gewalt in Syrien oder dem Irak verhindern?

Schnelle und vor allem einfache Antworten wird man nicht finden. Deutschland ist ein offenes Land mitten in Europa, die zuverlässige Kontrolle jeglicher Grenzpunkte wird nicht zu gewährleisten sein. Wer also partout ausreisen will, wird Wege finden. Für die Innenminister von Bund und Ländern wird es daher in erster Linie darauf ankommen, einen gemeinsamen Weg zu finden, statt Signale des Durcheinanders zu senden. Denn das tun sie, wenn Thomas de Maizière in Berlin über Passentzug und Ersatz-Personalausweise sinnt für jene, die sich terroristischen Vereinigungen anzuschließen drohen, während in München kurzentschlossen abgeschoben wird. Auf diese Weise erst entsteht ein Klima der Unsicherheit, das es den Salafisten leicht macht, sich in Deutschland unbeobachtet zu bewegen und ihre Netzwerke zu knüpfen.

Im Klartext heißt das: lückenlose Überwachung der Verdächtigen

So ungemütlich es auch klingt: Wenn die Deutschen ihre Verantwortung im Kampf gegen den Islamistischen Staat ernst nehmen, werden auch sie den Nachschub an den Grenzen wirkungsvoll stoppen und den Kampf innerhalb des Landes antreten müssen. Im Klartext heißt das: lückenlose Überwachung der Verdächtigen und ihrer Unterstützer. Dazu allerdings braucht es klare und gemeinsame Regeln für alle Behörden, die dann an einem Strang ziehen – in allen Bundesländern.

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