
© dpa/Annette Riedl
„Ein starkes Stück und völlig fehlplatziert“: Scharfe Töne im SPD-internen Streit um die Asylpolitik
Eine SPD-AG wirft der Bundesregierung vor, mit ihrer Asylpolitik den „endgültigen Ausverkauf der Lehren aus den Schrecken der Shoah“ zu betreiben. Nun kommt scharfer Widerspruch aus der SPD-Fraktionsführung.
Stand:
Immer wieder sorgt die SPD-interne „Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt“ für eine Belebung der parteiinternen Debatte in der Migrationspolitik. Denn die Arbeitsgemeinschaft steht am linken Rand der Partei und ist entsprechend unglücklich mit den Kompromissen, die man dem Koalitionspartner Union in der Migrationspolitik zugestanden hat.
Nun aber wird die Debatte aus umgekehrter Richtung belebt. Der jüngste Diskussionsbeitrag der Arbeitsgemeinschaft ruft harten Widerspruch hervor, und zwar aus der ersten Reihe der Fraktionsführung – namentlich von Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.
Er kam am Mittwoch während eines Pressefrühstücks auf das jüngste Positionspapier zu sprechen. Dieses hatte die SPD-Arbeitsgemeinschaft – schwarz-rote Koalition hin oder her – sogar gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft „Migration und Flucht“ der Grünen verfasst.
Es ist ein starkes Stück und völlig fehlplatziert, was da geschrieben worden ist.
Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, über das Papier der Arbeitsgruppe
In dem Papier wird die anstehende Übernahme der europäischen Asylrechtsverschärfungen ins deutsche Recht, also die sogenannte GEAS-Reform, scharf abgelehnt.
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Streit um Argumente der AG „Migration und Vielfalt“
Die Verfasser machen bei ihrer Kritik eine historische Dimension auf, konkret heißt es: „Wenn Gesetze so gestaltet werden, dass Geflüchtete aus dem öffentlichen Raum möglichst verdrängt werden und ein Wettbewerb darüber entsteht, wie Schutzsuchende möglichst schnell abgeschoben werden können, so ist dies der endgültige Ausverkauf der Lehren aus den Schrecken der Shoa, vor dessen [sic!] Hintergrund das Flüchtlingsrecht nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde.“
Das empört nun den Parlamentarischen Geschäftsführer Wiese. Er machte am Mittwoch im Bundestag klar, dass er diese Argumentation für inhaltlich abwegig hält und findet, dass hier die vollkommen falschen Geschütze aufgefahren werden. Wörtlich sagte Wiese: „Es ist ein starkes Stück und völlig fehlplatziert, was da geschrieben worden ist.“
Da scheinen die Argumente zu fehlen, wenn Herr Wiese jetzt eine Nebelkerze wirft.
Aziz Bozkurt kontert Wieses Kritik am Papier der Arbeitsgemeinschaft
Gegen diese Kritik wehrt sich postwendend Aziz Bozkurt, Staatssekretär für Soziales in Berlin und Co-Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. Er sagte dem Tagesspiegel: „Da scheinen die Argumente zu fehlen, wenn Herr Wiese jetzt eine Nebelkerze wirft. Wir führen dort auf, wie das Flüchtlingsrecht geschichtlich entstanden ist. Die Argumente müssen dünnflüssig sein, wenn man nicht mehr auf den Kern der Debatte eingehen kann.“
Seine AG fordert gemeinsam mit den Grünen, die Reform in Bundestag wie Bundesrat abzulehnen. „Die Bundesregierung möchte diese inhumane und in Teilen rechtswidrige Reform im Schnellverfahren möglichst ohne öffentliche Debatte durch den Bundestag peitschen“, lässt sich in dem Papier die grüne Flüchtlingspolitikerin Svenja Borgschulte zitieren.
Weiter heißt es dort, die Möglichkeiten zugunsten der Schutzsuchenden würden an entscheidenden Stellen nicht genutzt – Spielräume für Verschärfungen hingegen gingen voll zulasten der Schutzsuchenden und in teilweise EU-rechtswidriger Weise sogar darüber hinaus.
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