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Für einen Tag bestreikt: die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa.

© AFP/Daniel Roland

Warnstreik bei der Lufthansa: Eine unnötige Eskalation auf dem Rücken der Reisenden

An den Flughäfen herrscht Chaos. Und nun werden auch noch einen Tag lang viele Lufthansa-Flüge gestrichen. An die Passagiere denkt dabei niemand. Ein Kommentar.

Heike Jahberg
Ein Kommentar von Heike Jahberg

Stand:

Muss das denn sein, werden sich viele fragen, die an diesem Mittwoch mit der Lufthansa verreisen wollten. Verdi hat das Bodenpersonal zum Warnstreik aufgerufen, mit gravierenden Folgen: Der Streiktag wird zum Streichtag, die allermeisten Maschinen bleiben am Boden – genauso wie die Passagiere.

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130.000 Menschen müssen umplanen, und das wird gar nicht so leicht. Denn seit Juni hat die Lufthansa bereits über 6000 Flüge gestrichen, weil Personal fehlt. Viel Luft beim Umbuchen dürfte es daher nicht geben. Und auch auf die Bahn kann man nur bedingt ausweichen, um Inlandsflüge zu ersetzen. Die Züge sind voll, auch hier fehlt Personal.

Für die Menschen, die nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder reisen wollen, ist der Warnstreik ein echte Hiobsbotschaft. Reicht das Chaos an den Flughäfen denn noch nicht? Stornierte Flüge, verloren gegangene Koffer, lange Schlangen beim Check-In oder bei der Sicherheitskontrolle. Und jetzt auch noch das. Verdi strapaziert die Nerven der Bundesbürger weiter. Überzieht die Gewerkschaft?

Arbeitskämpfe sind keine Kuschelrunden. Sie sollen dem Unternehmen weh tun, damit sie wirken. Das dürfte Verdi gelingen.

Der Streik zeigt, wie wichtig Bodenpersonal ist

Wenn der Warnstreik am Mittwoch den Betrieb weitgehend lahmlegt, zeigt das im Sinne der Gewerkschaft eindrücklich, wie wichtig das Bodenpersonal ist. Und wie nötig es gewesen wäre, nach der Corona-Pause rechtzeitig wieder genügend Mitarbeiter einzustellen, um die wachsenden Reiselust der Bürger zu befriedigen.

Und ja, vielleicht muss die Lufthansa beim Gehalt noch mehr anbieten als sie es derzeit tut, um neue Beschäftigte zu gewinnen und die alten zu halten.

Dennoch ist der Warnstreik überzogen. Bisher ist nur wenig verhandelt worden. Der Arbeitskampf kommt viel zu früh, er dauert viel zu lange. Eine unnötige Eskalation auf dem Rücken der Reisenden und möglicherweise getrieben von der Angst der Verdi-Strategen, von den Piloten in den Schatten gestellt zu werden, wenn man zu lange wartet.

Statt im Meer in Erstattungsformularen baden

Denn die Vereinigung Cockpit bereitet derzeit eine Urabstimmung vor, die Piloten wollen mehr Geld, der nächste Streik droht. Ein Arbeitskampf des Bodenpersonals wäre verpufft, wenn sich die Piloten nicht ins Cockpit setzen.

Aber denkt eigentlich niemand an die Passagiere? Viele Menschen – darunter auch Verdi-Mitglieder – wollen verreisen, ausspannen, endlich wieder nach Paphos statt nach Pellworm. Eine kleine Auszeit von den Sorgen, die nicht abreißen: Krieg, Inflation, Klima.

Viele haben für die Sommerferien Reisen gebucht, obwohl es vielleicht klüger gewesen wäre, für die Heizkostennachzahlung zu sparen. Nun bleiben sie zu Hause. Statt im Meer zu baden, füllen sie Formulare aus, um ihr Geld zurückzubekommen. Fair ist das nicht.

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