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Politik: Einsatz in Sarajevo

Die EU übernimmt das Oberkommando über die Schutztruppe für Bosnien

Mit der Übernahme der bislang Nato-geführten Bosnien-Stabilisierungstruppe Sfor durch die EU-Operation „Althea“ (griechisch: die Heilende) geht auf dem Balkan eine Ära zu Ende: Zum ersten Mal stehen die USA zumindest formal unterhalb der EU-Militärhierarchie. Der Dayton-Friedensvertrag, der nach mehr als dreieinhalb Jahren den Bosnienkrieg im Dezember 1995 beendete, hatte noch einem US-General das Oberkommando über die Nato-Schutzmacht anvertraut.

„Eufor ist der erste wirklich deutliche Ausdruck der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“, erklärte der Leiter der internationalen Protektoratsverwaltung, Paddy Ashdown, dem Tagesspiegel. Seit Frühjahr 2002 ist er als dessen Sondergesandter direkt EU-Außenpolitikchef Javier Solana unterstellt und soll künftig eine noch stärkere Rolle bei der Koordinierung der EU-Institutionen vor Ort einnehmen: „Es ist mein Job dafür zu sorgen, dass die Stimme Europas eine einheitliche ist.“ Oberkommandierender der wie die Sfor 7000 Soldaten starken European Forces (Eufor) – der ersten EU-Militäroperation von personell nennenswertem Umfang – ist der britische Zwei-Sterne-General David Leakey, der heute das Kommando von US-Ein-Sterne-General Steven Schook übernimmt. Schook wird als Leiter des neu eingerichteten Nato-Büros jedoch weiter in Sarajevo stationiert sein. Auf Grundlage einer bilateralen Vereinbarung bleibt außerdem eine rund 150 Mann starke US-Einheit im mittelbosnischen Tuzla präsent.

Zu den Hauptaufgaben von Eufor gehören der Kampf gegen die organisierte Kriminalität sowie die Aufrechterhaltung eines stabilen und sicheren Umfelds. Die Verhaftung mutmaßlicher Kriegsverbrecher wie des bosnisch-serbischen Expräsidenten Radovan Karadzic und dessen Armeechef Ratko Mladic hat keinen Vorrang. „Das ist zunächst einmal Aufgabe der bosnischen Behörden“, sagte Leakey.

Mehr als vier Fünftel der bisherigen Soldaten werden trotz des Wechsels von der Nato zur EU weiter Dienst tun. Nur rund tausend US-Soldaten werden gegen finnische Verbände ausgetauscht. Der 35 Länder umfassenden EU-Truppe gehören außerdem Soldaten aus der Türkei und Kanada an. Das Oberkommando der EU-Mission wird im militärischen Nato-Hauptquartier im südbelgischen Mons geführt. Berichte über mögliche Rivalitäten zwischen EU und Nato wies der deutsche Stabschef im Hauptquartier in Butmir, General Wolfgang Köpke, zurück.

Markus Bickel[Sarajevo]

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