Politik: Erst organisierte Verbrechen der Serben, jetzt vor allem Racheakte der Albaner
Im Kosovo dreht sich die Spirale der Gewalt auch nach dem Krieg weiter. In einem Menschenrechtsbericht, der am Montag in Pristina veröffentlicht wurde, spricht die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jedoch von grundverschiedenen Mustern der Gewalt.
Im Kosovo dreht sich die Spirale der Gewalt auch nach dem Krieg weiter. In einem Menschenrechtsbericht, der am Montag in Pristina veröffentlicht wurde, spricht die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jedoch von grundverschiedenen Mustern der Gewalt. So seien Verbrechen der Serben an Albanern vor dem Krieg in hohem Maße organisiert gewesen, mit Beteiligung serbischer Zivilisten. "Überall wurden die Angriffe gegen Gemeinschaften augenscheinlich von einer Strategie diktiert, nicht von einem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung", heißt es. Die Möglichkeit, Geld zu erpressen, sei für die serbischen Täter ein Hauptgrund für Verletzungen der Menschenrechte gewesen. Dagegen seien die aktuellen Gewalttaten überwiegend Racheakte der Kosovo-Albaner an Serben für erlittenes Unrecht.
In dem OSZE-Bericht empfehlen Experten, rasch ein Justizwesen aufzubauen, um gegen Morde, Raub und Vergewaltigungen vorzugehen. "Straflosigkeit regiert anstelle von Gerechtigkeit", sagte der Leiter der OSZE-Mission, Daan Everts. Er forderte von kosovo-albanischen Politikern mehr als nur "politisch korrekte Stellungnahmen" gegen Gewalt. Everts sprach sich auch dagegen aus, die Gewalttaten vor und nach dem Krieg einfach gleichzusetzen. Die gegenwärtige Gewalt gegen Serben aus Rache werde auch dadurch genährt, dass eine unbekannte Zahl von Kosovo-Albanern (vermutlich mehrere Tausend) immer noch in serbischen Gefängnissen festgehalten werden.
In zwei Teilen des Berichts mit mehr als 700 Seiten, in denen die Menschenrechtssituation seit Dezember 1998 analysiert wird, will die OSZE eine Kollektivschuld ganzer Volksgruppen widerlegen, aber die Taten und Täter umfassend dokumentieren. Gräueltaten, denen auch Kinder und Frauen zum Opfer fielen, ziehen sich wie einer roter Faden durch den Bericht. Er stützt sich auf die Untersuchungen der OSZE-Mission sowie auf Aussagen von Flüchtlingen.
Die OSZE kommt zu dem Schluss, dass nach dem Krieg viele Taten ungesühnt bleiben mussten, weil Polizei und Justiz noch nicht funktionieren. "Straflosigkeit für begangene Taten resultiert aus der Erfolglosigkeit, ernsthafte Ermittlungen zu führen." Auch dies habe die Gewalt in Gang gehalten. Um über Täter in fairen Gerichtsverfahren urteilen und gegen neue Verbrechen vorgehen zu können, seien zusätzliche Polizisten und Justizexperten notwendig.