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Unzertrennlich und streitbar: Die Regierungschefs Ungarns und Polens, Viktor Orban (l) und Mateusz Morawiecki.

© Tamas Kovacs/dpa

EU-Gipfel Donnerstag und Freitag: Brüssel plant mit einem Nothaushalt ohne Polen und Ungarn

Die EU will den Wiederaufbaufonds retten – trotz des Vetos zweier Mitgliedstaaten.

Europa ist in Not: Das Veto von Polen und Ungarn gegen das EU-Finanzpaket von 1800 Milliarden Euro bedroht die Handlungsfähigkeit der Staatengemeinschaft. Wenn bis zum EU-Gipfel Donnerstag und Freitag keine Einigung gelingt, muss die EU erstmals seit 30 Jahren mit einem Nothaushalt wirtschaften.

Gelder für Forschung und Infrastruktur könnten gar nicht mehr ausgezahlt werden. Es geht zum einen um den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021 bis 2027 in Höhe von knapp 1100 Milliarden Euro, zum anderen um den Wiederaufbaufonds nach der Coronakrise mit einem Volumen von 750 Milliarden.

Hinter den Kulissen wird ein Ausweg gesucht

Polen und Ungarn stoßen sich nicht an dem Finanzpaket, sie wollen vielmehr über das Veto gegen die Finanzen den Rechtsstaatsmechanismus aushebeln. Danach verlieren Staaten den Zugriff auf EU-Mittel, die sich nicht an die demokratischen Werte der EU halten.

Hinter den Kulissen wird ein Ausweg gesucht. Es geht vor allem darum, die Auszahlung von 750 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds zu ermöglichen, die den Neustart der Wirtschaft nach der Pandemie anschieben sollen. Es wird überlegt, den Wiederaufbaufonds ohne die Polen und Ungarn aufzulegen. Dem Verteilungsschlüssel für die erste Tranche der Zuschüsse ist zu entnehmen, dass Polen dann auf die geplanten 18,75 Milliarden verzichten müsste, im Fall von Ungarn liegt der Wert bei 4,34 Milliarden.

Neue finanztechnische Probleme

Um den Fonds zu retten könnten sich die restlichen 25 EU-Staaten ohne Ungarn und Polen auf eine „Verstärkte Zusammenarbeit“ oder auf einen zwischenstaatlichen Vertrag für die Aufbaumilliarden verständigen. Für diese Instrumente bedürfte es nicht der Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten. Doch der Finanzexperte im Europa-Parlament, Markus Ferber (CSU), gibt zu bedenken: „Selbst wenn die Konstruktion rechtlich gelänge, würde sie neue finanztechnische Probleme schaffen.“

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Bislang soll der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) an den Finanzmärkten als Sicherheit dienen, um Anleihen für die 750 Milliarden aus dem Aufbaufonds zu begeben. Käme es zu einem Nothaushalt, werde es schwieriger, institutionelle Anleger zu überzeugen, der EU Geld zu leihen. „Die Kommission müsste dann höhere Zinsen für die Anleihen zahlen, wer zahlt die Aufschläge?“, fragt der Abgeordnete aus Schwaben.

Forderungen bislang nicht erfüllt

Ein Vertrag nach dem Vorbil des Europäische Stabilitätsmechanismus – aus dessen Mitteln Länder wie Griechenland und Irland vor der Staatspleite bewahrt wurden – könnte für den Wiederaufbaufonds ebenfalls ohne Polen und Ungarn geschlossen werden. Aus einer internen Analyse des Bundestages geht hervor, dass sich „ebenfalls rechtlich komplexe Fragen betreffend die Finanzierung insbesondere der Zuschüsse und der EU-Programme“ stellten und ein solcher Vertrag „nicht zeitnah zu realisieren“ sei.

Derzeit konzentrieren sich alle auf das Veto aus Polen und Ungarn. Dabei wird vergessen, dass das Europa-Parlament dem Wiederaufbaufonds auch zustimmen muss. Bislang sind die Forderungen der Parlamentarier nicht erfüllt. Das Parlament will mitreden, wie die Mitgliedstaaten die Zuschüsse aus Brüssel verwenden.

Ferber: „Wir wollen schon, dass das Geld, für das erstmals die EU Schulden aufnimmt, auch einen europäischen Mehrwert bringt.“ Die Kommission will dagegen, dass die Mitgliedstaaten Pläne für die Verwendung der Zuschüsse einreichen, die Kommission sie prüft und danach die Mittel freigibt.

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