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Politik: Fahndung: Das Vermächtnis der Terroristen

Die wichtigsten Spuren führen nach Deutschland. Das schreiben am Sonnabend übereinstimmend die "New York Times" und die "Washington Post".

Die wichtigsten Spuren führen nach Deutschland. Das schreiben am Sonnabend übereinstimmend die "New York Times" und die "Washington Post". Demzufolge sollen die Terroristen, die am 11. September in den USA vier Passagierflugzeuge in ihre Gewalt gebracht und mit deren gezieltem Absturz etwa 6500 Menschen getötet hatten, ihre Tat hauptsächlich in Hamburg geplant haben. Unterstützt worden seien sie aus Großbritannien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Afghanistan. Mindestens vier der insgesamt 19 Entführer wurden offenbar in Afghanistan geschult, in Ausbildungszentren des Hauptverdächtigen, Osama bin Laden. Dessen Netzwerk "Al Qaida" gilt als Dreh- und Angelpunkt der Operation.

In Hamburg befand sich offenbar die wichtigste deutsche Zelle von "Al Qaida". Aufgrund dieser Erkenntnisse hat die amerikanische Bundespolizei FBI die Zahl ihrer in Deutschland arbeitenden Agenten inzwischen verdoppelt. "Die Fahnder sind überzeugt davon", so die "Washington Post", "dass die Details der Anschläge in der kleinen Hamburger Studentenwohnung, Marienstraße 45, zweiter Stock, ausgearbeitet wurden." Dort hat der mutmaßliche Chefstratege des Unternehmens, Mohammed Atta, gelebt.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Militärische Reaktionen: Die Vorbereitungen auf einen Gegenschlag Osama bin Laden: Amerikas Staatsfeind Nummer 1 Fahndung: Der Stand der Ermittlungen Fotos: Die Ereignisse seit dem 11. September in Bildern Mindestens zwei weitere Verdächtige, Marwan Al-Shehhi und Ziad Samir Jarrah, sollen bei ihm ein und aus gegangen sein. Das sind drei der insgesamt vier mutmaßlichen Piloten. Atta hat offenbar das Flugzeug gesteuert, das als erstes ins World Trade Center in New York gerast war. Al-Shehhi saß am Knüppel des Fliegers, der den zweiten Turm traf. Jarrah wiederum wird verdächtigt, die Maschine geflogen zu haben, die ihr Ziel verfehlte und statt dessen im US-Bundesstaat Pennsylvania abstürzte. "Alle Indizien deuten darauf hin, dass die Anschläge von Deutschland aus organisiert wurden", sagt ein Experte. "Es gibt klare Beweise, dass sich diese drei Männer regelmäßig in Hamburg getroffen hatten."

Die Zusammenarbeit zwischen FBI, CIA und Bundeskriminalamt scheint nicht nur intensiv, sondern auch erfolgreich zu sein. Unmittelbar nach den Anschlägen war es deutschen Ermittlungsbehörden gelungen, ein entscheidendes Telefongespräch abzuhören. Darin sollen Anhäger Bin Ladens von "den 30 Menschen, die für diese Operation unterwegs sind" gesprochen haben. Seitdem geht das FBI davon aus, dass zwei weitere Terror-Teams existieren. Bei den vier Abstürzen waren 19 Terroristen ums Leben gekommen. Wo sind die anderen elf? Die "New York Times" zitiert einen nicht näher genannten obersten Vertreter der Fahndungsbehörde, mit der Aussage: "Wir gehen davon aus, dass 30 Personen direkt mit den Anschlägen auf das World Trade Center und Pentagon befasst waren." Die Anschläge seien geplant worden von Terror-Zellen, die sich in Deutschland und "mindestens drei anderen europäischen Staaten" befänden.

Unterdessen haben die US-Ermittler auch ein persönliches Testament Mohammed Attas in dessen Gepäck gefunden. Der Koffer war aus Versehen nicht mit auf die Maschine gekommen. Das Testament dokumentiert der "Spiegel" im Wortlaut. Das Schriftstück sei bereits am 11. April 1996 verfasst und von zwei Zeugen beglaubigt worden. Es regle in 18 Punkten, was "diejenigen, die meinen Besitz erben, beachten" sollten. Unter Punkt eins verfügt Atta: "Diejenigen, die meinen Leichnam aufbewahren, müssen gute Muslime sein, denn das wird mich Gott und seiner Vergebung empfehlen." In den Punkten fünf, sechs und elf finden sich Bemerkungen Attas über Frauen. "Weder schwangere Frauen noch unreine Personen sollen von mir Abschied nehmen." Weiter heißt es: "Frauen sollen nicht bei der Beerdigung zugegen sein." Unter Punkt neun verlangt Atta von demjenigen, "der meinen Körper rund um meine Genitalien wäscht", er möge "Handschuhe tragen".

Am Sonnabend wurde außerdem bekannt, dass die hessische Polizei bereits am Donnerstag in Wiesbaden drei Männer im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Islamisten festgenommen hatte. Dabei soll es sich um Mitglieder eines Kommandos islamistischer Gotteskrieger handeln. Bei den Männern seien gefälschte Dokumente und Kreditkarten, Stadtpläne sowie eine geladene Waffe gefunden worden.

Am Samstag übernahm Generalbundesanwalt Kay Nehm die Ermittlungen gegen die drei Verdächtigen. Den Beschuldigten, dem Türken Talip T. (27), sowie dem Jemeniten Wadee Al-A. (24) und Shahab Al-A. (26) stehen im Verdacht, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein. Nach ihrer Festnahme am Donnerstag erließ ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Wiesbaen Haftbefehl gegen die drei mutmaßlichen Islamisten wegen Verstoßes gegen Waffen- und Urkundendelikte.

Zudem sollen die Fahnder in Chemnitz auf einen syrischen Informatikstudenten gestoßen sein, der nun verschwunden ist. Der Syrer werde als Schläfer-Agent eines islamistischen Untergrundnetzes eingestuft. Ein Ägypter wiederum wird verdächtigt, am 23. September das Atomkraftwerk Obrigheim in Baden-Württemberg aus einem Auto heraus gefilmt zu haben.

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