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Politik: Falken und Tauben über dem Amselfeld

BRÜSSEL .Die Anspannung war ihm ins Gesicht geschrieben: Bonn, Helsinki, Bari, Brüssel, Gespräche, Verhandlungen, Briefings, Interviews, Pressekonferenzen.

BRÜSSEL .Die Anspannung war ihm ins Gesicht geschrieben: Bonn, Helsinki, Bari, Brüssel, Gespräche, Verhandlungen, Briefings, Interviews, Pressekonferenzen.Im Stress der ungewohnten Reisediplomatie war dem Bundeskanzler offensichtlich das professionelle Strahlen des Wahlkämpfers abhanden gekommen.Die Stirn war gefurcht, der Ton eher gereizt."Und wenn sie mich noch so oft danach fragen - sie kriegen keine neue Antwort.Ich habe schon alles gesagt: Wir lehnen den Einsatz von Bodentruppen ab", kanzelte Gerhard Schröder am Mittwoch im Brüsseler Nato-Hauptquartier einen hartnäckig nachfragenden britischen Journalisten ungnädig ab.Daß er vorher von den Nato-Militärs hinter geschlossenen Türen über die aktuelle Lage im Kosovo ausführlich informiert wurde, schien ihn eher bestärkt zu haben: "Die Nato-Strategie ist gut, sie beginnt zu greifen, und sie wird Erfolge bringen.Es gibt deshalb überhaupt keinen Grund, sie zu ändern", sagte Schröder.

In Brüssel versuchte er am Mittwoch in der bekannt flapsigen Art das Meinungswirrwarr über die künftige Kosovo-Strategie herunterzuspielen.Doch längst gehen feine Haarrisse durch das Bündnis.Der Bundeskanzler weiß natürlich, daß er mit seiner strikten Ablehnung einer Ausweitung des Krieges seinem Freund Tony Blair in die Parade fährt.Der Brite plädiert seit Tagen für Konsequenz und Härte.Die Allianz müsse entschlossen zuende führen, was sie begonnen habe - bis zu einem klaren Sieg über den Belgrader Diktator.Das sei aber, so meinen die Briten, ohne Bodentruppen nicht möglich.

Im Atlantischen Bündnis steht Tony Blair mit dieser harten Haltung bisher jedoch alleine - ein einsamer Falke inmitten von Tauben.US-Präsident Bill Clinton ist unter dem Druck des einflußreichen Sicherheits-Establishments von seiner Haltung allerdings etwas abgerückt, die er noch beim Washingtoner Nato-Gipfel vor drei Wochen strikt vertreten hatte.Damals warnte er noch vor einem Landkrieg, der für die USA nicht in Frage komme.Inzwischen jedoch will er sich alle Optionen offenhalten.Man dürfe nicht völlig ausschließen, notfalls auch gegen den Widerstand der Serben mit Bodentruppen im Kosovo einzugreifen.

Alle übrigen 17 Nato-Staaten wollen sich jedoch nicht tiefer in die Balkan-Wirren ziehen lassen.Sie lehnen den Einsatz von Bodentruppen ab.Schröder weiß deshalb, daß die große Mehrheit der Verbündeten hinter ihm steht."Wir haben eine gute Nato-Strategie, über die Einmütigkeit herrscht.Es wäre nicht angemessen, sie zu verändern", wiederholte er am Mittwoch in Brüssel mehrfach.Er ließ keinen Zweifel daran, daß er nicht nur die deutsche Beteiligung bei einem Einsatz von Bodentruppen ablehnt, sondern auch eine Änderung der Nato-Strategie.

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