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Bild einer früheren Razzia zu Hawala-Banking in Duisburg 2019.

© Imago/Christoph Reichwein

Finanzermittler im bundesweiten Einsatz: Fahnder durchsuchen Läden wegen Hawala-Bankings

In muslimischen Ländern sind Finanztransfers üblich, die in Europa illegal sind. Ermittler fürchten, dass Clan-Kriminelle und Islamisten das Hawala-System für rechtswidrige Geschäfte nutzen.

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Finanzermittler und Steuerfahnder haben in der Nacht zu Freitag bundesweit Läden und Geschäftsleute überprüft – es geht um illegale Geldströme durch das sogenannte Hawala-Banking.

Federführend koordinierte das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen den Einsatz. In NRW, Hessen, Hamburg, Niedersachsen und Berlin wurden Juweliere, Cafés sowie An- und Verkauf-Läden kontrolliert, Festnahmen gab es nicht.

Hawala ist ein aus dem arabischen Raum stammendes Überweisungssystem, das insbesondere in der islamischen Welt verbreitet ist. Ermittler in Europa gehen davon aus, dass das System auch von Clan-Kriminellen zur Geldwäsche und zudem von Islamisten zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten genutzt wird.

Code legitimiert Geldübergabe

Bei einer Kontrolle in Köln wurden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und 37.000 Euro Bargeld konfisziert. In Hamburg waren Beamte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gemeinsam mit Polizisten im Einsatz. Es wurden den Angaben zufolge Verstöße gegen Geldwäschevorschriften festgestellt, die Bußgelder in fünfstelliger Höhe nach sich ziehen könnten.

Die Einsätze konzentrierten sich auf den Nichtfinanzsektor, im Fokus waren neben Juwelieren und Gebrauchtwarenhändlern auch Supermärkte und Spätis. Mit dabei waren Ermittler des Bundeskriminalamtes und der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, der Financial Intelligence Unit (FIU).

Hawala bedeutet auf Arabisch sinngemäß „Scheck“ oder „Transfer“. Wer undokumentiert Geld aus Deutschland in den Nahen Osten transferieren will, gibt die Summe und einen Code einem Hawaladar. Dieser Hawaladar nennt Code und Summe einem Partner-Hawaladar im Zielland. Nun ruft der Sender aus Deutschland den Empfänger im Nahen Osten an und nennt auch ihm Summe und Code. Der Empfänger geht zum Vor-Ort-Hawaladar und bekommt auf Grundlage des genannten Codes die Summe.

Islamisten nutzen Transfersystem

Die beiden Hawaladare, also die De-facto-Banker, rechnen regelmäßig untereinander ab, bis sich ihre Bilanzen ausgleichen. Selten müssen dafür Geldbündel über Grenzen bewegt werden, wenngleich immer mal wieder Kuriere mit Hunderttausenden Euro erwischt werden.

In der Europäischen Union sind alle Finanztransfergeschäfte aufsichtspflichtig. Wer Geld überweisen möchte, muss dies über einen lizenzierten Dienstleister machen, also eine etablierte Bank oder eine Agentur wie Western Union. Der Weltbank zufolge werden pro Jahr circa 200 Milliarden US-Dollar über Hawala-Netzwerke transferiert. Das Prinzip wird wohl auch deshalb genutzt, weil nicht überall verlässliche, legale Banken erreichbar sind.

Im Zuge der Kriege im Nahen Osten beobachteten Szenekenner in deutschen Städten verstärkt Aktivitäten in mutmaßlichen Hawala-Stellen, darunter sind einschlägig bekannte Restaurants, Autovermietungen und Treffpunkte bekannter Großfamilien. Von dort sollen Summen an Mittelsmänner islamistischer Netzwerke, vor allem der sunnitischen Hamas und der schiitischen Hisbollah, geflossen sein.

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