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Politik: Fischer setzt hartnäckig auf diplomatische Lösung

BONN .Außenminister Joschka Fischer sieht sich bestätigt: In den Entwürfen für das Schlußdokument des NATO-Gipfels in Washington findet sich der Kosovo-Friedensplan, der unter seiner Regie in Bonn ausgearbeitet worden war, nahezu im Wortlaut wieder.

Von Robert Birnbaum

BONN .Außenminister Joschka Fischer sieht sich bestätigt: In den Entwürfen für das Schlußdokument des NATO-Gipfels in Washington findet sich der Kosovo-Friedensplan, der unter seiner Regie in Bonn ausgearbeitet worden war, nahezu im Wortlaut wieder."Wesentliche Teile" des Plans werde sich das Bündnis zu eigen machen, sagt Fischer; darunter den Ruf nach einer Resolution des Sicherheitsrats für einen "robusten" Friedenseinsatz nach Artikel 7 der UNO-Charta.Aber auch die Bereitschaft zu einer Feuerpause sei nicht umstritten.

Bedingung dafür sei, daß die Führung in Belgrad sich zur Annahme der fünf Kernbedingungen des Westens bereit erkläre und unter Beweis stelle, daß sie das Morden beendet und den Rückzug einleitet.Die Debatte über seinen Plan sei - entgegen manchen Mediendarstellungen aus Washington - weder vorige Woche beendet worden, noch werde sie beim NATO-Gipfel enden."Wenn man auf eine politische Lösung setzt, dann wird man in diesen Ablauf hineinkommen", sagt Fischer.

Auf eine politische Lösung setzen - das ist derzeit eine Rolle, die im Bündnis den Europäern, vor allem den Deutschen zufällt.Fischer, den Parteitag der Grünen in drei Wochen vor Augen, bemüht sich um diplomatische Alternativen zu einer Ausweitung des Krieges, die jeden Versuch der Diskussion mit den Kriegsgegnern und Skeptikern in den eigenen Reihen am Himmelfahrtstag zunichte machen könnte.Aber auch aus historischen Gründen und eigenem europäischen Interesse messen die Deutschen einer Lösung, an der auch Rußland konstruktiv beteiligt wäre, weitaus größere Bedeutung bei als die faktisch einzig verbliebene Weltmacht USA jenseits des Atlantik.Auch Kanzler Gerhard Schröder hat am Donnerstag in seiner Regierungserklärung darauf noch einmal hingewiesen: "Eine politische Lösung des Konflikts bleibt das Ziel aller unserer Bemühungen", sagte er, und: "Die enge Einbindung Rußlands in die Verantwortung für die europäische Sicherheit ist wesentlicher Bestandteil der Politik des Bündnisses." Allerdings, mahnte Schröder, müsse Rußland selbst dieser Verantwortung auch gerecht werden.

Dafür, daß die Führung in Moskau nach anfänglichem Kriegsgeschrei auf diesem Weg ist, sieht die Bundesregierung durchaus Anzeichen; auch wenn deutsche Diplomaten den Besuch des neuen russischen Kosovo-Sonderbeauftragten Viktor Tschernomyrdin in Belgrad am Donnerstag mit vorsichtigen Kommentaren begleiten: Man will erkennbar keine Hoffnungen schüren, die - auch angesichts der üblen Erfahrungen mit der Haltung Milosevics - dann in umso größerer Enttäuschung enden.Auch ist Rußland keineswegs schon voll für westliche Friedensideen gewonnen: Mit einer allzu NATO-lastigen Kosovo-Friedenstruppe hat die Führung in Moskau weiter deutliche Probleme; auch schmeckt der russischen Seite der Gedanke nicht, daß sie mit der vom Westen angestrebten Sicherheitsratsresolution nachträglich den von ihr so harsch verurteilten NATO-Angriff auf Jugoslawien sanktionieren würde.

Ob die Einbindung Rußlands - die in Bonn als wesentliche Voraussetzung für eine Verhandlungslösung gewertet wird - am Ende gelingt, wird wesentlich auch vom Washingtoner NATO-Gipfel abhängen.Das Bündnis, heißt es in Bonner Regierungskreisen, wolle deutlich machen, daß es sich auch künftig nicht von Veto-Mächten im Sicherheitsrat das Vorgehen gegen schwere Verletzungen des Menschen- und Völkerrechts verbieten lassen will.Um diese Passage im Kommunique wird aber noch gestritten: Bonn wünsche für diese Ausnahmefälle eine klar umschriebene völkerrechtliche Grundlage, die USA wollten sich wohl mit weicheren Formulierungen begnügen.Ein anderer Punkt ist im Bündnis nach deutscher Darstellung Konsens.Man wird nicht nur weiteren früheren Ostblock-Staaten eine Aussicht auf NATO-Beitritt anbieten, sondern in abgestufter Form auch jenen zwei Ländern, die der Westen im Kosovo-Konflikt als Stützpunkte nutzt: Mazedonien und Albanien.

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