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Politik: Für „Florida-Rolf“ geht die Sonne unter

Ab April bekommt Deutschlands prominentester Sozialrentner keine Stütze mehr

Der Einfluss der Presse wird oft überschätzt. Hier nicht: Rolf J., bekannt als „Florida-Rolf“, bekommt ab dem 1. April keinen Pfennig mehr vom Staat. Wie der Tagesspiegel erfuhr, haben die deutschen Behörden dem im sonnigen Miami lebenden 65-jährigen Sozialhilfeempfänger im Februar aufgrund des eigens für ihn erlassenen Gesetzes die Stütze entzogen.

Der Vorgang Rolf J. ist einmalig in der bundesdeutschen Legislatur. Noch nie wurde wegen der Berichterstattung einer einzelnen Zeitung über eine einzelne Person eine einzelne Rechtsvorschrift in einem Bundesgesetz geändert – und schon gar nicht in diesem Tempo. Nach einem Gerichtsurteil hob die „Bild“ ab August 2003 Schlagzeile um Schlagzeile auf die Titelseite. Tenor: „Er lacht sie alles aus“, „Thank you, Sozialamt“, und, an die Adresse der Behörden, „Sind die denn alle bescheuert?“. Aufgeladen von Sparbeschlüssen, Sozialreformen und den Hartz-Gesetzen war Rolf J. zum Blitzableiter für den Volkszorn geworden.

Nur zwei Wochen nach Bekanntwerden des Falles kündigte Sozialministerin Ulla Schmidt an, den „Missbrauch“ zu beenden. Damit es auch jeder kapiert, übernahm sie gleich die Diktion der „Bild“: „Sozialhilfe unter Palmen wird es künftig nicht mehr geben.“ Am selben Abend durfte J. per Direktschaltung in der ARD erklären, warum er sich nicht für einen Schmarotzer hält. Ein Psychiater hatte bescheinigt, dass J. ein Leben in Deutschland nicht zuzumuten sei.

Sechs Tage später rückte die Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP den Fall ins rechte Licht. Gerade 959 Auslands-Sozialhilfeempfänger kosteten den Staat jährlich 4,3 Millionen Euro. Tendenz fallend. Auch hätten die Kommunen als Sozialhilfeträger nie gefordert, etwas zu ändern. Trotzdem wurde geändert. Als praktisch erwies sich, dass dies miterledigt werden konnte, als das Parlament das Sozialhilfegesetz in ein neues Sozialgesetzbuch umtopfte. Seit Januar gilt, dass Auslandshilfe – die bisher in „besonderen Notfällen“ gewährt werden konnte, nur an schwerst Pflegebedürftige sowie an Inhaftierte in Gefängnissen und an Mütter gezahlt wird, die ein im Ausland lebendes Kind erziehen oder pflegen müssen.

Das waren ohnehin fast alle. Außer Rolf J. haben Niedersachsens Behörden, die für ihn zuständig sind, nach der Novelle gerade mal vier weiteren Empfängern die Stütze gestrichen. Rolf J. will um sein Geld kämpfen. Er hat Widerspruch erhoben.

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