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Eine private Drohne in weiter Entfernung von einer Maschine, die im Anflug auf den Airport Düsseldorf ist.

© dpa/Julian Stratenschulte

Gefahr für Passagierflugzeuge: So schlecht sind deutsche Flughäfen gegen Drohnen gesichert

Drohnen sind eine Gefahr für an- und abfliegende Passagiermaschinen. Flughäfen in Deutschland fordern nun die Klärung von Zuständigkeiten und technische Ausstattung.

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An deutschen Verkehrsflughäfen kommt es mittlerweile regelmäßig vor, dass der Pilot einer Linienmaschine im Anflug etwas Beunruhigendes entdeckt: eine Drohne, die sich dort auf keinen Fall aufhalten dürfte.

Der Luftraum über Flughäfen, insbesondere in direkter Umgebung der Landebahn, ist absolute Verbotszone für alles, was dort keine Einflugerlaubnis hat. Das kann man selbst beim kleinsten Drohnenführerschein lernen.

Nun gibt es ignorante Drohnenpiloten, die Verbote und drohende Strafen nicht interessieren. Zahlreiche Sichtungen sind aber nicht klar zuzuordnen. Die Vermutung: Analog zur Spionage über Stromkraftwerken und militärischen Anlagen könnten hier Feinde der Bundesrepublik am Werk sein.

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Eine Befürchtung: Wenn es ein Terrorist darauf anlegen würde und Schaden verursachen wollte, hätte er leichtes Spiel. Denn weder werden Drohnen an deutschen Flughäfen zuverlässig entdeckt noch können sie zuverlässig abgewehrt werden. Und dann ist da noch die Frage nach der Zuständigkeit.

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Anfrage bei allen größeren Verkehrsflughäfen in Deutschland: Wie läuft es mit der Drohnenabwehr? Die Betreiber antworten schnell, wollen zu Vorkehrungen auf dem eigenen Gelände allerdings wenig bis keine Auskunft geben. Man möge sich an den Flughafenverband ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) wenden.

Der Flughafenverband sieht das Problem und fordert Verbesserungen. Auf Tagesspiegel-Anfrage heißt es, Drohnenflüge stellten ein Risiko für die Sicherheit im Flugbetrieb dar. Zwar führten Sichtungen nur in wenigen Ausnahmefällen zur Einschränkung des Flugbetriebs. In diesen Fällen seien allerdings Starts und Landungen zeitweise nicht oder nur eingeschränkt möglich.

„Das Risiko durch unkoordinierte oder illegale Drohnennutzung wird von uns sehr ernst genommen“, so der ADV. „Jede Sichtung einer unkoordinierten Drohne in der Flugverbotszone um Flughäfen hat das Potenzial, Flugverkehr erheblich zu stören – im schlimmsten Fall auch zu gefährden.“

144
Drohnensichtungen verzeichnet die Deutsche Flugsicherung bislang in diesem Jahr.

Perspektivisch erwarte man eine Zunahme des Drohnenaufkommens – und damit einhergehend auch ein höheres Risiko. Allerdings weiß niemand, wie viele Drohnen überhaupt über deutschen Flughäfen fliegen. Die Geräte werden nicht flächendeckend erfasst, sondern in erster Linie durch Piloten gesichtet. Das tatsächliche Ausmaß ist unbekannt.

Fest steht: Bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) steigt die Zahl der gemeldeten „Behinderungen durch Drohnen“ Jahr um Jahr, von 92 Sichtungen im Jahr 2019 fast kontinuierlich auf bislang 144 Sichtungen in diesem Jahr.

Die meisten Drohnen hielten sich im Großraum eines Flughafens auf. Ganz vorne in der Statistik liegt der Flughafen Frankfurt. Aber auch Köln-Bonn, Düsseldorf und viele weitere Verkehrsflughäfen werden genannt.

Der Flughafenverband ADV betont, ein „klarer gesetzlicher Rahmen, eine koordinierte Zuständigkeit und die staatlich finanzierte Ausstattung der Flughäfen mit geeigneter Detektionstechnik“ sei wichtig. ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel sagt dem Tagesspiegel: „Sicherheit in der Luft beginnt am Boden – und dazu gehört auch der Schutz unserer Flughäfen vor illegalem Drohneneinsatz.“

Forderung nach technischer Ausstattung

Die Flughäfen leisteten ihren Beitrag im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, doch die hoheitliche Verantwortung für Entdeckung und Abwehr liege beim Staat. „Wir fordern daher eine Beendung der Diskussion um Zuständigkeiten und eine staatlich finanzierte technische Ausstattung der Flughafenstandorte mit effizient funktionierenden Detektionssystemen.“

Es beginnt also mit dem Erkennen der Gefahr. Technik dazu gibt es. Privatunternehmen haben sich auf die Erkennung und Abwehr von Drohnen spezialisiert. Auch in der Bundesrepublik. Durch deutsche Technik wird etwa der Flughafen London Heathrow geschützt. Auch die Bundeswehr arbeitet an dem Thema.

Doch wer setzt diese Technik im Notfall ein? Beim ADV heißt es etwa: „Drohnenabwehr ist in Deutschland eine hoheitliche Aufgabe und liegt in der Zuständigkeit der Polizei.“ Die Flughäfen könnten und dürften nicht selbst aktiv gegen Drohnen vorgehen. „Wir arbeiten jedoch eng mit den Sicherheitsbehörden zusammen und setzen auf bewährte Meldeketten und abgestimmte Verfahren.“ Die Flughäfen verweisen an Bundespolizei und Deutsche Flugsicherung.

Das klingt gut. In der Praxis wissen Sicherheitsexperten allerdings: Wenn eine Drohne überhaupt gesichtet wird, beginnt das Zuständigkeitswirrwarr.

Verweis auf die Bundespolizei

Die Deutsche Flugsicherung erklärte auf Anfrage, sie arbeite mit Informationskampagnen daran, Drohnenpiloten zu sensibilisieren. Die Strafen seien hoch, so die DFS. Sie könnten vor Gericht als gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr bewertet werden. Das ist eine Straftat. Es drohen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren.

Für die Drohnenabwehr sei jedoch die Bundespolizei zuständig.

Das bestätigt diese auf Anfrage – teilweise. Die Behörde verweist jedoch darauf, dass für die Detektion und Abwehr ebenso die DFS, der Flugplatzbetreiber, die Landesluftsicherheitsbehörden und die Polizeien der Länder zuständig seien. „Die Maßnahmen erfolgen daher jeweils in enger Abstimmung mit der zuständigen Landespolizei, dem Flugplatzbetreiber und der Deutschen Flugsicherung.“

Die Abwehr von Drohnen ist ein komplexer und dynamischer Prozess.

Bundespolizei

Sicherheitsexperten übersetzen das so: Bis eine Drohne gesichtet ist und sich jemand gefunden hat, der sich zuständig fühlt und mit der Abwehr beschäftigen könnte, sind Drohne und Pilot normalerweise längst über alle Berge – und im besten Fall ist nichts passiert.

Laut Bundespolizei trifft man die „erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs“. Man setze hierfür „verschiedene Techniken und Systeme zur Abwehr von unbekannten, schädlichen Drohnen ein. Die Abwehr von Drohnen ist dabei ein komplexer und dynamischer Prozess, der hohe Anforderungen an die erforderliche Technik und die eingesetzten Kräfte stellt.“

Was heißt das konkret? Das lässt sich leider nicht ergründen. Zu Technik und Taktik könne man „zum Schutz der Wirksamkeit der Einsatzmaßnahmen keine Angaben“ machen.

Geheim ist die Technik indes nicht: In der Branche setzt man etwa auf das sogenannte Jamming, bei dem Funkwellen gestört werden. Andere wollen Drohnen mit Netzen abfangen.

Die Flughafenbetreiber sehen indes großen Bedarf für eine Verbesserung der Situation. „Drohnendetektion ist eine Voraussetzung für die Abwehr und daher ebenfalls hoheitlich zu erbringen. Eine gesetzlich gesicherte und staatlich finanzierte Lösung ist aus unserer Sicht zwingend notwendig“, heißt es beim Flughafenverband ADV.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte dem Tagesspiegel auf Anfrage: „Wir stärken die Drohnenabwehr durch engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Kompetenzen werden gebündelt und neue Abwehrfähigkeiten entwickelt.“ Der Minister fügte hinzu: „Wir befinden uns in einem Technologiewettlauf zwischen Drohnenbedrohung und Drohnenabwehr. Deswegen rüsten wir auf mit neuer Abwehrtechnik gegen Drohnenattacken.“

In der Realität ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Wenn die erste Drohne etwa an einer Linienmaschine voller Urlauber ernsthaften Schaden verursacht, wäre es zu spät, flächendeckend Erkennungs- und Abwehrsysteme zu installieren. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, was dann passieren dürfte: Alle Beteiligten würden mit dem Finger aufeinander zeigen und sich die Verantwortung gegenseitig zuweisen.

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