zum Hauptinhalt
Protestierende Frauen ohne das vorgeschriebene Kopftuch heben ihre Hände und zeigen das Victory-Zeichen.

© dpa/ZUMA Press Wire/Anonymous

Generalstreik, Studentenprotest, Erdbebenwarnung: Lage im Iran und kurdischer Region bleibt weiterhin angespannt

Seit Montag folgen die Menschen im Iran dem Aufruf zu landesweiten Protesten und Streiks. Proteste in der Hauptstadt Irans und den kurdischen Städten werden gewaltvoll niedergeschlagen.

Stand:

Zahlreiche Ladenbesitzer in der Provinz Kurdistan haben am dritten Tag in Folge ihre Geschäfte aus Protest nicht geöffnet. Das berichteten unter anderem Bewohner am Mittwoch. Der Staat hat in der Region schon ein massives Aufgebot von Sicherheitskräften zusammengezogen. Auch gepanzerte Fahrzeuge sollen in den Kasernen stationiert worden sein.

In der Hauptstadt Teheran gingen Sicherheitskräfte Augenzeugen zufolge derweil mit erneuter Gewalt gegen Studierende vor. Bei den Studentenprotesten wurden einige Menschen verletzt und weitere festgenommen, wie Augenzeugen von der Amirkabir-Universität für Technologie berichteten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Videos in den sozialen Medien zeigten Proteste auch in anderen Teilen der Hauptstadt. Polizei, Milizen und Sicherheitskräfte waren mit einem massiven Aufgebot auf den Straßen. Trotz kaltem Winterwetter folgten vielerorts junge Frauen und Männer den landesweiten Aufrufen zu Protesten.

Der iranische Präsidenten Ebrahim Raisi spricht während der Feierlichkeiten zum Studententag am 7. Dezember 2022 mit Studenten der Teheraner Universität.

© AFP

Präsident Ebrahim Raisi zeigte sich bei einem Treffen mit systemtreuen Studenten kämpferisch. Er erneuerte seine Behauptung, dass die USA die Proteste anheizten und den Iran zerstören wollten. Beobachter sehen darin jedoch ein Manöver, um von den eigentlichen Ursachen der Proteste abzulenken.

Fälschliche Erdbebenwarnung als Hackerangriff vermutet

Für Verwirrung sorgte eine Erdbebenwarnung am Nachmittag. Die mutmaßlich durch einen Hackerangriff ausgelöste Warnung forderte alle Empfänger auf, ihre Häuser zu verlassen. Von Behördenseite wurde später ein Hackerangriff dementiert, es soll sich um einen fehlgeschlagenen Warntest gehandelt haben.

Am Dienstag war Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei mit dem Obersten Rat der Kulturrevolution zusammengekommen. Bei dem Treffen mit Raisi, Parlamentspräsident Bagher Ghalibaf und Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi soll es Berichten zufolge um eine mögliche Entscheidung über die Zukunft der Sittenpolizei gegangen sein.

Der Kopftuchzwang im Iran werde Expertinnen und Experten zufolge vom Regime weiterhin verfolgt werden.

© dpa/Vahid Salemi

Nach Einschätzung von Experten könnte der Kopftuchzwang auch bei einer Abschaffung der berüchtigten Einheit weiter verfolgt werden, etwa durch Videoüberwachung.

Früherer Präsident wird als Vermittler abgelehnt

Der frühere iranische Präsident Mohammed Chatami warnte die Führung des Landes vor einer weiteren Unterdrückung der Proteste. „Man sollte Sicherheit nicht als Vorwand nehmen, um Freiheit zu unterdrücken“, wurde der islamische Geistliche von der Tageszeitung „Shargh“ zitiert. Chatami mahnte, die Forderungen ernst zu nehmen. Die Protestbewegung fordere mit dem „schönen Slogan: Frau, Leben, Freiheit“ eine bessere Zukunft. Die Politik sollte ihr die Hand reichen, „bevor es zu spät ist“. Chatami war Präsident zwischen 1997 und 2005.

Aber auch Chatami wird insbesondere von jungen Anhängerinnen der Protestbewegung als „Mann des Systems“ abgelehnt. Der Ex-Präsident befürwortet als islamischer Kleriker den Kopftuchzwang. Mitte November hatte er Forderungen nach einem politischen Systemwandel zurückgewiesen.

Auslöser der Proteste Mitte September war der Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini, die im Iran lebte. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen angeblichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verhaftet worden war. Nach Einschätzungen von Menschenrechtlern wurden seither mindestens 470 Demonstranten getötet und rund 18.000 Menschen verhaftet. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })