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Politik: Gewählt – und mächtig

Der Vorschlag von Schröder und Chirac für den EU-Konvent würde den Kommissionspräsidenten stärken

Von Hans Monath

Von Mariele Schulze Berndt

und hans monath

Erst in der Nacht auf Mittwoch hatten sie sich geeinigt. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac präsentierten ihren Vorschlag für den EU-Verfassungskonvent. Der Präsident des Konvents, Giscard d’Estaing, nahm aber am Mittwoch noch nicht Stellung zu dem Vorschlag. Der Brief von Schröder und Chirac war ihm noch nicht zugegangen. Doch eben der Konvent wird maßgeblich darüber bestimmen, ob das deutsch-französische Modell einer Brüsseler Doppelspitze umgesetzt wird. Nach Einschätzung von Konventsmitgliedern ist es dort nicht mehrheitsfähig.

Wie die Kompetenzen zwischen den drei geplanten Führungspositionen – EU-Kommissionspräsident, EU-Präsident als Vertreter der Mitgliedstaaten und EU-Außenminister – verteilt sein sollen, ist noch unklar. Klar ist lediglich, dass der Außenminister dem Ratspräsidenten unterstellt sein soll. Der Ratspräsident soll die EU nach außen vertreten und keine neuen Kompetenzen erhalten. Der Kommissionspräsident soll weiterhin die europäische Politik entwickeln.

Der griechische Europaminister Tasos Giannitsis sagte, es sei das Wichtigste, „das effizienteste System zu finden“. Ob dies die Doppelspitze sein kann, ließ er offen. Griechenland, derzeit Ratspräsidentschaft, habe nichts dagegen, dass der Kommissionspräsident vom Europaparlament gewählt werde.

Schon am Mittwoch zeichnete sich ab, dass die Debatte um die künftige Führungsstruktur der EU vom Gegensatz zwischen kleinen und großen Mitgliedstaaten bestimmt wird. Die Niederlande lehnten das deutsch-französische Modell bereits ab. Kleine Staaten profitieren vom Rotationsmodell, das auch sie an die Spitze der EU bringt.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) würdigte den deutsch-französischen Kompromiss als „bedeutenden Schritt“. Dennoch war er enttäuscht, dass die von ihm gewünschte Zusammenführung von Rats- und Kommissionspräsidentschaft in einem Spitzenamt gegen den französischen Widerstand nicht durchsetzbar gewesen sei. Ein entscheidender Fortschritt sei aber, dass Frankreich die Wahl des Komissionspräsidenten durch das Parlament nun unterstützt. Damit gewänne das Parlament politischen Einfluss und die Kommission Legitimität. Auch der Kommissionspräsident selbst werde durch die Richtlinienkompetenz, die er erhalten soll, gestärkt. Es sei nun die entscheidende Frage, zwischen den Rechten des Rats, der Kommission und des Parlaments eine Balance zu finden, sagte Fischer.

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi reagierte betont zurückhaltend. Er sagte, vor einer endgültigen Einschätzung müsse er erst den vollen Text kennen. Entscheidend sei, wie das Verhältnis zwischen Rat und Kommission gestaltet werden sollte.

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