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Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) fordert eine Modernisierung der Bundeswehr.

© dpa

Neues altes Bundeswehrkonzept: Gleicher Rang für Auslandseinsätze und Landesverteidigung

Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Landesverteidigung stärken und plant eine grundlegend andere Ausrichtung der deutschen Armee.

Von Michael Schmidt

Zu wenig einsatzfähiges Material, zu wenig Personal, zu wenig Geld: Die in den vergangenen Jahren wieder und wieder reformierte Bundeswehr ist in keinem guten Zustand. Jetzt dräut der nächste Umbau. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant eine grundlegend andere Ausrichtung der deutschen Armee, Motto: Vorwärts in die Vergangenheit – aber unter besonderer Berücksichtigung neuartiger Bedrohungen, Stichwort Cybersicherheit. Im Kern geht es darum, die jahrelang vorherrschende Fokussierung auf Auslandseinsätze zu beenden und sich künftig wieder „gleichrangig“ der Landes- und Bündnisverteidigung zu widmen, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin am Freitag bestätigte. Die Streitkräfte müssten vorbereitet sein, „ihren Beitrag zur nationalen Sicherheitsvorsorge“ zu leisten, wie es in dem Entwurf des Grundsatzpapiers mit dem Titel „Konzeption der Bundeswehr“ heißt. Das Dokument soll Anfang oder Mitte Juni veröffentlicht werden.

Auf die Bundeswehr dürften damit weitere Ausgaben in Milliardenhöhe zukommen, denn die Vernachlässigung hat dazu geführt, dass Strukturen wieder aufgebaut werden müssen, die zum Teil komplett verloren gegangen sind.

Allein für diese Legislatur hat Leyen bereits einen zusätzlichen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet, von dem sie allerdings nicht einmal die Hälfte bekommen soll. Dem Haushaltsentwurf hat die Ministerin daher nur unter Vorbehalt zugestimmt. Darüber ist ein heftiger Streit mit dem Koalitionspartner SPD entbrannt. Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs warf Leyen im Deutschlandfunk Versagen vor. Das Ministerium funktioniere nicht. Auch SPD-Chefin Andrea Nahles zeigt sich skeptisch. Bestmögliche Ausrüstung heißt nicht „höchstmögliche Aufrüstung“.

Die Opposition fordert mehr Transparenz und Debatten

Der Ministeriumssprecher betonte, dass die Finanzierungsfrage noch nicht Teil der „Konzeption der Bundeswehr“ sei. Zudem handle es sich bei dem Dokument um eine Fortführung und Konkretisierung des 2016 beschlossenen Weißbuchs der Bundeswehr. Darin wird bereits festgehalten, dass die Landes- und Bündnisverteidigung „gleichrangig“ neben den Auslandseinsätzen stehen soll.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Fritz Felgentreu, findet denn auch, dass mit dem neuen Konzept ein radikaler Umbau eigentlich nicht verbunden sei. „Sondern es geht vor allem darum, die Folgen der Mangelwirtschaft zu überwinden, damit die Bundeswehr wirklich aus dem Stand ihren Beitrag zur Rückversicherung unserer Verbündeten in Europa und zur Abschreckung potenzieller Gegner leisten kann“, sagte Felgentreu dem Tagesspiegel.

Kritik kam aus der Opposition, die nicht die Stoßrichtung des neuen Ansatzes moniert, aber mehr Transparenz und eine verstärkte politische und gesellschaftliche Debatte einfordert. Grünen-Politiker Tobias Lindner nannte es „durchaus sinnvoll, dass Festlegungen aus dem Weißbuch detaillierter ausgeführt werden“. Er sei aber unglücklich darüber, dass die für die Haushaltsberatungen wichtigen Informationen sich wohl erst im sogenannten „Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“ finden werden, sagte er dem Tagesspiegel. „Gerade weil sie ständig mehr Geld fordert, sollte von der Leyen dieses Dokument dann auch bis zum Herbst vorlegen“, sagte Lindner unter Hinweis auf die dann stattfindenden Beratungen für den Haushalt 2019. Nachdrücklich forderte er die Verteidigungsministerin auf, eine Debatte im Parlament über die Festlegungen zu führen, die die neue Konzeption mit sich bringen werde. „Sollte sie sich vor einer Debatte drücken, wäre das wohl eine Bundeswehrreform durch die Hintertür und einer Parlamentsarmee unwürdig.“

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