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Politik: Glos kontra Merkel – Union streitet über Mindestlöhne Wirtschaftsminister: Für gering Qualifizierte nutzlos

CDU-Experte Meyer fordert ideologiefreie Debatte

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Nach den Vorschlägen von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes ist in der Union ein Streit darüber ausgebrochen. Während Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) im Tagesspiegel-Interview einen Mindestlohn kategorisch ablehnte, schlug der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Laurenz Meyer (CDU), moderatere Töne an. Das Thema müsse „in aller Ruhe gemeinsam mit dem Thema Kombilöhne diskutiert werden“, sagte Meyer dem Tagesspiegel am Sonntag.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich offen für Mindestlöhne gezeigt. Laut einem „Focus“-Bericht sprachen sich bei einem internen Bund-Länder-Treffen am Donnerstag außer Glos auch andere führende Unionspolitiker gegen den Mindestlohn aus, darunter Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt. Müntefering hatte am Freitag erneut für den Mindestlohn plädiert: „Das steht im Koalitionsvertrag drin, und bis Mitte des Jahres müssen wir konkret werden.“ Er hatte einen Gesetzentwurf noch für dieses Jahr angekündigt.

Laurenz Meyer sagte, es gehe darum, Mittel und Wege zu finden, um mehr Arbeitsmöglichkeiten für nicht gut ausgebildete Langzeitarbeitslose zu schaffen. Die Koalition werde sich mit dieser Frage in diesem Frühjahr beschäftigen. Er forderte beide Koalitionspartner zu einer „ideologiefreien Diskussion“ auf.

Wirtschaftsminister Glos sagte hingegen: „Ein gesetzlicher Mindestlohn würde das Ziel, möglichst viele Personen mit geringen Chancen am Arbeitsmarkt wieder in ein reguläres Arbeitsverhältnis zu führen, konterkarieren.“ Unternehmen würden bei Einführung eines Mindestlohns keine Personen einstellen, deren Produktivität niedriger sei als ein solcher Mindestlohn. Außerdem wirke das Arbeitslosengeld II mitsamt den Leistungen für Wohnung und Heizung bereits wie ein Mindestlohn, weil eine Bezahlung unterhalb dieser Grenze in der Regel ausgeschlossen sei.

Die Debatte steht einerseits im Kontext der Überlegungen zur Einführung auch von staatlichen Zuschüssen für Niedriglöhne (Kombilohn). Die SPD will verhindern, dass die Löhne ungebremst absinken. Aber auch der steigende Konkurrenzdruck in manchen Branchen aus osteuropäischen Ländern motiviert Gewerkschaften und die SPD. Spätestens in fünf Jahren können osteuropäische Arbeitnehmer ungehindert nach Deutschland kommen, und die Dienstleistungsrichtlinie wird die Entsendung von Arbeitnehmern ebenfalls möglich machen. Das Entsendegesetz regelt, dass aus dem EU- Ausland nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer nach hiesigen Mindestarbeitsbedingungen beschäftigt werden müssen. Dazu muss aber ein gesetzlicher oder tariflicher Mindestlohn vorhanden sein – was in Deutschland nicht in allen Branchen der Fall ist.

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