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Linksextremisten um Lina E.: Mutmaßlicher Kopf der Gruppe in U-Haft
Jahrelang suchten Ermittler nach dem mutmaßlichen Kopf der linksextremistischen Gruppe um Lina E. Die Polizei holt den Mann aus einem Regionalzug. Nun war er am BGH beim Haftrichter.
Stand:
Nach der Festnahme eines mutmaßlichen Anführers der gewalttätigen linksextremen Szene ist der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe setzte einen Haftbefehl in Vollzug, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte.
Die Behörde wirft Johann G. Mitgliedschaft in einer linksextremistischen Vereinigung vor. Er soll der Leipziger Gruppierung um die Studentin Lina E. angehört und innerhalb der Vereinigung neben E. „eine herausgehobene Stellung“ eingenommen haben, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.
„Die auch überregional vernetzte Vereinigung führte in den Jahren 2019 und 2020 gewaltsame Angriffe gegen Personen durch, die aus ihrer Sicht der ‚rechten Szene‘ angehörten“, heißt es in der Mitteilung. Es gab zahlreiche Verletzte.
Die Mitglieder hätten die Aktionen in der Regel intensiv vorbereitet und unter anderem vorab Lebensgewohnheiten der ausgewählten Opfer ausgespäht. Zu ihrer militanten linksextremistischen Ideologie habe gehört, dass sie den bestehenden demokratischen Rechtsstaat, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sowie das staatliche Gewaltmonopol ablehnten.
Ferner soll Johann G. im Februar 2023 in der ungarischen Hauptstadt Budapest mit Komplizen Menschen angegriffen haben, die aus Sicht der Angreifer dem rechten Spektrum zuzuordnen waren. Auch hierbei wurden den Angaben nach mehrere Menschen verletzt.
Da dies Teil eines separaten Haftbefehls ist, wurde hierfür Überhaft vorgemerkt. So nennt man es, wenn jemand schon in (Untersuchungs-)Haft ist und ein weiterer Haftbefehl erlassen wird. Relevant wird das praktisch erst, wenn der andere Haftbefehl außer Kraft gesetzt würde.
Belohnung von 10.000 Euro ausgelobt
Die Bundesanwaltschaft wirft ihm daher vor, sich in mehreren Fällen an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben. Zudem legt sie ihm unter anderem gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung zur Last.
Beamte des Landeskriminalamts Sachsen hatten den 31-Jährigen am Freitag in einem Regionalzug nahe Weimar festgenommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur waren Fahnder dem früheren Lebensgefährten von Lina E. eine Weile auf der Spur.
Johann G. war spätestens seit Sommer 2020 untergetaucht. Nach dem Deutschen war auch öffentlich gefahndet worden. Für entscheidende Hinweise, die zu seiner Festnahme führen, hatten die Behörden eine Belohnung von 10.000 Euro ausgelobt.
Die Bundesanwaltschaft listet in ihrer Mitteilung dezidiert die ihm vorgeworfenen Taten auf. Dabei sollen Johann G. und seine mutmaßlichen Mittäter brutal vorgegangen sein, mit Schlägen, Tritten, Schlagwerkzeugen wie Stöcken und Radschlüsseln sowie Reizgas. Manche der mutmaßlichen Opfer wurden demnach potenziell lebensgefährlich verletzt.
Brutale Vorgehensweise
Zwei der Vorfälle hängen laut Bundesanwaltschaft mit einer Gaststätte in Eisenach zusammen, bei der es sich um einen mutmaßlichen Treffpunkt der rechten Szene handelte. Ein Opfer sollen die Beschuldigten bis zu seiner Wohnung verfolgt und angegriffen haben.
Als sich drei Begleiter des Opfers in ein Auto flüchteten, habe die Gruppe den Wagen mit Schlagwerkzeugen beschädigt, durch zertrümmerte Scheiben Reizstoff ins Innere gesprüht und vielfach mit Fäusten auf die Geschädigten eingeschlagen. Auf der Flucht vor der Polizei sollen sie Plastiktüten auf die Fahrbahn geworfen haben, um die Fahrzeuge abzuschütteln.
Nach einer Gedenkveranstaltung in Dresden zum 75. Jahrestag der Bombardierung der Stadt sollen Johann G. und Lina E. der Mitteilung zufolge mehrere Menschen während einer Zugfahrt von Dresden nach Wurzen im Landkreis Leipzig überwacht und mutmaßliche Mittäter telefonisch informiert haben. Am Bahnhof in Wurzen „wurden die Opfer von den ihnen zahlenmäßig überlegenen Angreifern aus einem Hinterhalt abgepasst“. (dpa)
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