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Für den Ausstoß klimaschädlicher Gase muss künftig in der EU mehr bezahlt werden.

© imago images/Future Image

„Gut für das Klima, gut für die Arbeitsplätze“: EU-Parlament einigt sich auf strengere Regeln für Emissionshandel

Zwei Wochen nach dem Abstimmungsdebakel bringen die Abgeordneten die Reform doch noch auf den Weg. Dazu war ein neuer Kompromiss nötig.

Große Erleichterung im Europaparlament: Nach dem Abstimmungsdebakel vor zwei Wochen haben die Abgeordneten nun für einen wichtigen Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“ gestimmt. Dabei geht es um einen neuen Kompromiss für die Reform des EU-Emissionshandels (ETS) sowie um einen Klimasozialfonds und die Einführung eines CO2-Zolls an den EU-Außengrenzen.

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„Die heutige Entscheidung des Plenums ist gut für das Klima und gut für die Arbeitsplätze“, sagte der CDU-Abgeordnete Peter Liese, der als Berichterstatter des Europaparlaments maßgeblich für den Kompromiss beim Emissionshandel verantwortlich zeichnet. „Mit dieser Entscheidung schreiben wir rechtlich verbindlich vor, dass wir in den nächsten acht Jahren mehr CO2 einsparen, als in den letzten 30 Jahren.“ Liese spricht vom „größten Klimaschutzgesetz aller Zeiten“.

Mit der Abstimmung am Mittwoch wird aber zunächst nur die Position des Parlaments festgelegt. In Verhandlungen mit den EU-Ländern kann es noch Änderungen geben. Wie diese aussehen könnten, ist unklar, da sich die Staaten noch nicht auf eine gemeinsame Position geeinigt haben. Der Widerstand gegen den ETS kommt vor allem aus den Ländern Mittel- und Osteuropas. Sie befürchten, dass steigende Energiepreise die Armut verschlimmern und es zu sozialen Spannungen und Protesten kommen könnte. Inzwischen hat der Krieg in der Ukraine die Frage der Energiepreise in ganz Europa noch einmal dramatisch verschärft.

Der neue Kompromiss sieht nun unter anderem vor, dass die kostenlose Vergabe von Zertifikaten für CO2-Emissionen ab 2027 nach und nach auslaufen und ab 2032 ganz verschwinden soll. Auch eine Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr ist vorgesehen.

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Der ETS ist das Herzstück der EU-Klimapolitik. Dabei müssen bestimmte Industrien für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 zahlen. Bis vor kurzem wurde noch heftig diskutiert, ob das System auch auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden soll, weil befürchtet wird, dass Verbraucher dann noch mehr fürs Heizen und Fahren zahlen müssten. In Deutschland und anderen EU-Staaten sind diese Bereiche bereits Teil des Emissionshandels. Zudem soll der Klimasozialfonds Bürgerinnen und Bürger entlasten.

Den Grünen fiel die Zustimmung besonders schwer

Schwer fiel die Zustimmung zu dem Kompromiss den Grünen. Ihnen geht die Regelung nicht weit genug, weshalb sie in der ersten Abstimmung mit Nein votiert hatten. „Der Mindeststandard für den Klimaschutz ist damit eingehalten“, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss nun über den Kompromiss. Er ist jedoch überzeugt, dass damit das 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten nicht erreicht werden kann, man müsse nun versuchen, den Anstieg zumindest unter zwei Grad zu halten.

Wie Michael Bloss beschreibt, haben die Grünen bei der zweiten Abstimmung eine Art Schadensbegrenzung betrieben. „Verweigere ich jetzt meine Stimme, habe ich am Ende weniger Handlungsspielraum bei den entscheidenden Verhandlungen“, schrieb der Politiker vor dem Votum auf Twitter. In seinen Augen besteht die Gefahr, dass bei den Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsstaaten noch weniger für den Klimaschutz erreicht werden könnte. Zufrieden zeigte sich der klimapolitische Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Tiemo Wölken. Alle Seiten hätten sich aufeinander zubewegt.

Ausschlaggebend war, dass vor dem Votum vor zwei Wochen die Vorlage wegen verschiedener Anträge entschärft worden war. Vielen Abgeordneten gingen die Änderungen zu weit. Die Sozialdemokraten schlossen sich dabei in letzter Minute dem Lager an, welches dagegen stimmte. Vergangene Woche verständigten sich christdemokratische, liberale und sozialdemokratische EU-Abgeordnete dann auf den neuen Kompromiss.

Knut Krohn

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