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Politik: Haiders Rückzüge

Der ehemalige FPÖ-Chef besteht jetzt doch nicht mehr auf einem Referendum zur Durchsetzung der Steuerreform

Von Paul Kreiner, Wien

Der Machtkampf in der FPÖ ist vorläufig entschieden. Der frühere Parteichef Jörg Haider zieht das angedrohte Volksbegehren gegen Parteivorstand und Regierung zurück. Mit dem Volksbegehren hatte Haider die FPÖ und die Koalitionsregierung zwingen wollen, die allgemeinen Steuererleichterungen doch nicht auf das Jahr 2004 zu verschieben. Mit dem Schritt will die österreichische Regierung nach dem Jahrhundert-Hochwasser eine weitere Belastung des Haushaltes vermeiden. FPÖ-Vertreter und Koalitionspartner, von der plötzlichen Wende Haiders völlig überrascht, waren am Mittwoch zu keiner Stellungnahme bereit.

Jörg Haider verkündete seine Entscheidung in den Spätnachrichten des österreichischen Fernsehens. Er wolle der Partei eine „Chance geben“ und ihr eine „Zerreißprobe"ersparen, sagte er zur Begründung. Er drohte aber erneut damit, sich vollständig aus der Politik zurückzuziehen, wenn die FPÖ-Führung mit ihm nicht zumindest über die Möglichkeit einer Steuerreform 2003 diskutiere. An die Adresse von Parteichefin Susanne Riess-Passer appellierte Haider, mit dem „sehr großen Entgegenkommen meinerseits“ nicht „leichtfertig umzugehen".

Weil Haider mit seinem Wunsch, die Steuererleichterungen doch bereits im kommenden Jahr durchzusetzen, nicht Gehör fand, drohte er zunächst einen Sonderparteitag an, am Montag dann ein Volksbegehren. Daraufhin rief auch Riess-Passer das Volk zur Entscheidung des parteiinternen Streits an. Sie stellte eine von Regierung und Parlament zu beschließende „Volksbefragung“ zum Thema in Aussicht. Auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sprach sich gegen Haiders „ungeheuer problematisches“ Volksbegehren aus.

In der FPÖ kehrte sich die Stimmung zum ersten Mal sehr eindeutig gegen den früheren Parteiobmann. Auch die gefürchtete „Kronen-Zeitung“, die von nahezu einem Drittel aller Österreicher gelesen wird, bezog klar für die Position Riess-Passers Stellung. Dies, sowie ein Vermittlungsgespräch von Haiders früherem Vertrauensanwalt, dem heutigen Justizminister Dieter Böhmdorfer, hat offenbar zum Einlenken des Kärntner Landeshauptmanns geführt. Zur weiteren Entwicklung gab es am Mittwoch nur Spekulationen. Mit Spannung wird nun die Antwort Riess-Passers erwartet. Sie hatte mit ihrem Rücktritt gedroht für den Fall, dass Haider weiter gegen sie agiere. Klärende Gespräche innerhalb der FPÖ sollen bei der Sitzung des möglicherweise erweiterten Parteivorstandes am kommenden Dienstag stattfinden. Bisher hat es nach Haiders Auskunft keinen Kontakt mit Parteichefin Riess-Passer gegeben: „Die Frequenzen sind sozusagen etwas gestört."

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures kam unterdessen zu dem Schluss, dass Österreich derzeit mit einer „dramatischen Regierungskrise“ konfrontiert sei, die aus dem „Scheitern der Regierung in allen wesentlichen politischen Fragen“ herrühre. Laut Umfragen würden die Sozialdemokraten derzeit mit 36 Prozent stärkste Partei; sie könnten mit den Grünen (14 Prozent) zusammen regieren. Die ÖVP käme auf 28 Prozent; die FPÖ würde gegenüber dem Wahlergebnis von 1999 um sieben Punkte auf 19 Prozent abstürzen.

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