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Zypernfrage: "Hier wird mit zweierlei Maß gemessen"

Die Lösung des Zypernkonflikts entwickelt sich zunehmend zur Gretchenfrage des EU-Beitritts der Türkei. Die türkische Militärpräsenz auf der Insel – von türkischen Nationalisten als Frage der Selbstachtung propagiert – wird auf dem Weg in die EU zum blockierenden Dauerballast für die Türkei.

Berlin - Auch wenn die Verhandlungen beim letzten EU-Gipfel nicht eingefroren wurden – ein Vorwärtskommen ist nicht in Aussicht. Nikosia sitzt mit am Verhandlungstisch, wenn weitere Verhandlungen eröffnet werden und hat ein Vetorecht. Bislang nutzte Zypern das bei jeder Gelegenheit und blockierte den Abschluss jedes der elf laufenden Verhandlungskapitel. Aus Sicht vieler türkischer Zyprioten ist das ein Affront: „Die griechische Republik Zypern ist 2004 EU-Mitglied geworden, ohne dass von ihr eine Lösung des Konflikts zur Bedingung gemacht wurde“, sagt Ergün Olgun, ehemaliger Staatssekretär und Chefberater des Präsidenten der „Türkischen Republik Nordzypern“, die international nicht anerkannt wird. Es sei ungerecht, der Türkei diese Bedingung zu stellen. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.“

Zypern ist die drittgrößte Insel im Mittelmeer und hat eine strategisch wichtige Bedeutung mit Blick auf den Nahen Osten. Doch das Land ist seit den 60er Jahren ein Konfliktherd an der Schwelle zum Orient. Zwischen den beiden Garantiemächten Griechenland und Türkei herrscht ein ständiger Streit um die Insel, auf der eine türkisch- und griechischsprachige Bevölkerung lebt. In den 60er und 70er Jahren gab es pogromartige Ausschreitungen zwischen beiden Gruppen.

Der Konflikt eskalierte, als die Athener Militärjunta 1974 auf Zypern einen Putsch anzettelte. Die Türkei marschierte ein. Seither ist Zypern geteilt. Offiziell trat Zypern 2004 der Europäischen Union bei – de facto jedoch nur der griechische Süden.

Die Forderung, dass sich das türkische Militär von der Insel zurückziehen soll, halten zypriotische Nationalisten wie Olgun für fatal: „Wenn die Armee das tut, sind die Zyperntürken der griechischen Seite ausgeliefert und könnten neuen Angriffen ausgesetzt sein“, sagt Olgun. Er hat mit früheren Mitgliedern der Hardliner-Regierung unter Rauf Denktasch einen Thinktank gegründet, der kurz vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2010 Meinungsbildung in Nordzypern betreibt.

Eine ausgewogene Einigung sei nicht möglich, wenn nur einseitig Druck auf die Türkei ausgeübt wird, sagt er. Einem wichtigen EU-Land wie Deutschland komme dabei die Aufgabe zu, als „neutraler Katalysator“ zu fungieren und sich für eine faire Lösung stark machen. „Schließlich gibt es keine Alternative für die Europäische Union“, sagt Olgun, „der Zypernkonflikt muss gelöst werden.“

Die Türkei sei bereit, ihre Häfen und Flughäfen für zyperngriechische Waren zu öffnen, erklären türkische Politiker schon seit Wochen. „Das geschieht aber nur, wenn gleichzeitig das unrechtmäßige Embargo gegen die Türkische Republik Nordzypern gelockert wird“, so Olgun.

Ferda Ataman

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