zum Hauptinhalt
Silvana Koch-Mehrin, Mitglied des Europaparlaments und ehemaliges Mitglied des FDP-Parteipräsidiums.

© dpa/Paul Zinken

„Ich wurde angefasst“: Frühere FDP-Politikerin Koch-Mehrin berichtet von sexueller Belästigung

Die ehemalige Europaabgeordnete Koch-Mehrin erhebt schwere Vorwürfe – auch gegen Parteikollegen. Sie bedauert das Hinnehmen von frauenfeindlicher Atmosphäre.

Die frühere FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin hat von zahlreichen sexuellen Übergriffen unter anderem durch Parteikollegen berichtet. „Ich wurde angefasst. Einfach so. Da waren immer wieder Hände auf meinem Knie. Man hat meine Brust berührt, mir ungefragt sanfte Rückenmassagen verabreicht“, sagte Koch-Mehrin dem „Stern“. „Und ständig gab es Zoten und Anzüglichkeiten - Sätze wie: „Ich würde so gern mit Ihrer Eiskugel tauschen.’“

Ein Parteifreund habe in abendlicher Runde einmal über sie gesagt, „ihre Zukunft liegt zwischen ihren Beinen“. Sie selbst habe dabei in Hörweite gesessen.

Zu ihrer Reaktion auf derartige Vorfälle sagte die 51-jährige dem Magazin: „Ich habe geschwiegen und es ausgehalten. Höchstens mal mit den Augen gerollt. Hände wortlos weggeschoben. Mehr nicht.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Sie habe damals dazugehören wollen und Angst gehabt, „zickig zu wirken“, sagte Koch-Mehrin weiter. „Ich wehrte mich nicht, sondern begann es mir schönzureden, mich selbst infrage zu stellen.“

„Ich habe durch Passivität mitgemacht, mich nicht gewehrt und keine Grenzen gezogen“, sagte Koch-Mehrin über ihr damaliges Verhalten. „Dadurch habe ich das System unterstützt.“

Ich habe durch Passivität mitgemacht, mich nicht gewehrt und keine Grenzen gezogen“ 

Silvana Koch-Mehrin

Der „Stern“ sprach mit Koch-Mehrin anlässlich des Erscheinens ihres Buchs „Jetzt, wo ich schon mal nicht tot bin“. Darin beschreibt sie dem Bericht zufolge auch, wie ein Europaabgeordneter ihr in seinem Zimmer wortlos die Hand unter die Bluse geschoben habe. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt noch Praktikantin gewesen.

„Ich war wie erstarrt. Sagte dann irgendwann: „Was machen Sie denn da?’ Er lachte dann verlegen und versuchte, die Sache herunterzuspielen“, berichtete Koch-Mehrin dem „Stern“. Den Namen des Mannes wolle sie auch heute nicht nennen: “Es geht mir nicht um eine persönliche Bloßstellung“, sondern um etwas Grundsätzliches. „Ich möchte erzählen, dass es mir passiert ist. So wie es vielen Frauen passiert.“

Koch-Mehrin hatte von 2004 bis 2014 für die FDP im Europaparlament gesessen. 2009 war sie Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl. 2011 kamen Plagiatsvorwürfe gegen Koch-Mehrin auf; sie trat daraufhin als Vorsitzende der FDP-Delegation im Europaparlament und als Vizepräsidentin des Parlaments zurück. Tatsächlich entzog die Universität Heidelberg ihr den Titel. Eine Klage Koch-Mehrins dagegen blieb erfolglos.

Heute leitet Koch-Mehrin das von ihr gegründete Netzwerk Women Political Leaders, mit dem Frauen in politische Führungspositionen gebracht werden sollen. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false