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Vor dem Bund-Länder-Gipfel: Immer nur das Schlimmste zu verhindern, kann nicht das Ziel sein
Die Messlatte für den Erfolg der Corona-Politik wurde immer tiefer gelegt. Deutschland ist in einen horriblen pandemischen Strudel geraten. Ein Kommentar.

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Wie ernst die Corona-Lage ist, lässt sich recht zuverlässig am zeitlichen Vorlauf der jeweiligen Bund-Länder-Runde ablesen. Dieses Mal ging es schnell. Am Sonntagabend kam die Meldung, ein neues Spitzentreffen sei anberaumt. Am heutigen Dienstag ist es schon so weit.
Omikron wird mit seiner schwindelerregenden Ansteckungsfähigkeit wohl bald alle Erfahrungswerte dieser Pandemie hinfällig werden lassen. Damit stellt sich eine Frage neu, die zuletzt viel zu wenig debattiert wurde: Was ist eigentlich das Ziel aller Mühen?
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Die Messlatte für den Erfolg des Pandemiemanagements wurde Stück für Stück tiefer gelegt, so stillschweigend wie möglich. Zu Beginn griff gesamtgesellschaftlich der Reflex, möglichst viele Menschen vor einem qualvollen Tod bewahren zu wollen. Bald schon galt es durchaus als akzeptabel, dass Menschen sich anstecken und auch sterben, solange nur in den Krankenhäusern ein geordneter Betrieb herrschte.
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Davon kann mittlerweile keine Rede mehr sein. Parallel tritt die Omikron-Variante ihren Walzzug an – und doch wird die Messlatte noch einmal nach unten verschoben. Plötzlich ist von kritischer Infrastruktur die Rede, und es steht konkret infrage, ob in ein paar Wochen noch genügend Busfahrerinnen und Feuerwehrmänner im Dienst sind, um das Land funktionsfähig zu halten.
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Die vergangenen fast zwei Jahre haben gezeigt, wohin die Strategie führt, die Infektionszahlen immer dann zu drücken, wenn es gar nicht mehr anders geht, und zügig zu lockern, sobald irgendwo ein Silberstreif am Horizont auftaucht. Deutschland ist in einen horriblen pandemischen Strudel geraten.
Schritt für Schritt gerieten Schicksale aus dem Blick: zuerst die der Vorerkrankten mit besonderem Risiko, denen bei hohen Inzidenzen nur der Gang in die Selbstisolation bleibt, zuletzt die der Menschen mit anderen schweren Krankheiten als Covid, die nicht mehr behandelt werden.
Wenn Bund und Länder nun Beschlüsse verkünden, sollte die neue Regierung sich offen der Debatte stellen, welches Ziel sie im Pandemiemanagement eigentlich verfolgt – und welches nicht. Große Freude, dass noch Wasser aus der Leitung kommt und unter der 110 noch jemand abhebt: Das kann nicht die Zielmarke sein.
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