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Ein Mädchen mit Kopftuch steht in einer Schule vor einem Klassenzimmer.

© dpa/ Wolfram Kastl

Integration und Religion: NRW löst kontroverse Debatte um Kopftuchverbot für junge Mädchen aus

Wird jungen Muslima das Kopftuch von ihren Eltern aufgedrängt oder würden sie eher durch ein Kopftuchverbot entmündigt? NRW hat einen Stein ins Wasser geworfen, der inzwischen weite Kreise zieht.

Das in Nordrhein-Westfalen erwogene Kopftuchverbot für muslimische Mädchen unter 14 Jahren hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. „Ich halte weder etwas von einer Vollverschleierung noch von Kopftüchern für Kinder“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner am Montag vor einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin. „Kinder brauchen Freiräume, wo es eben auch keine kruden Geschlechterbilder gibt. Und das sollte die Schule sein.“ Dagegen hatten sich Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) und der Islamrat für Deutschland am Wochenende gegen ein Verbot ausgesprochen.

Das NRW-Integrationsministerium hatte zuvor angekündigt, ein Kopftuchverbot für junge Mädchen zu prüfen. In Deutschland tritt mit dem 14. Geburtstag die Religionsmündigkeit ein. Vorher könnten Mädchen nicht selbstbestimmt entscheiden, ob sie das Kopftuch tragen wollen, lautet die Argumentation von Landes-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP).

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) unterstützt ausdrücklich den harten Kurs seiner Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU). Sie hatte erklärt, einem jungen Mädchen ein Kopftuch überzustülpen, sei „pure Perversion“, weil es das Kind sexualisiere. Dagegen müsse Position bezogen werden.

Vorsitzender des Islamrats bezeichnet Debatte als "populistisch"

Laschet sagte in Berlin, Gülers Position sei besonders überzeugend, weil sie selbst Muslimin und ihre Mutter Kopftuchträgerin sei. Bei Kindern sei ein Kopftuch etwas, das mit Religion nichts zu tun habe. „Das nimmt den Kindern die Chance, selbst zu entscheiden. Und deshalb ist das ein guter Vorschlag, den wir auch umsetzen wollen“, sagte Laschet. Auch FDP-Chef Christian Lindner hatte sich bereits für ein Verbot ausgesprochen.

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration bedauerte „die aufgeheizte Diskussion“. Der Vizevorsitzende Haci Halil Uslucan stellte aber fest: „Aus religiöser islamischer Perspektive gibt es keinen Grund, vor dem Erreichen der Geschlechtsreife ein Kopftuch zu tragen.“

Wenn einige religiöse Eltern ihre Kinder trotzdem mit Kopftuch in die Schule und zum Teil sogar in den Kindergarten schickten, sei wohl das unausgesprochene Motiv, „dass das Kopftuch, wenn es die Mädchen schon sehr früh tragen, zum Habitus gehört, so dass sie es später im Teenageralter gar nicht mehr hinterfragen“, sagte der Essener Universitätsprofessor für Türkeistudien der Deutschen Presse-Agentur.

Dagegen hatte der Vorsitzende des Islamrats für Deutschland, Burhan Kesici, am Wochenende kritisiert: „Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen.“ Die Debatte sei „populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer“. Der Islamrat ist einer von mehreren Dachverbänden von Moscheegemeinden und anderen muslimischen Einrichtungen. (dpa)

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