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Abrechnungen der Zahnärzte: Intransparente Preisgestaltung
Krankenkassen wollen bei Arztrechnungen genauer hinsehen – um mehr Preistransparenz zu ermöglichen, denn für den Patienten sei eine Einschätzung nahezu unmöglich. Dabei steigen die Kosten kontinuierlich, kritisiert die SPD.
Die gesetzlichen Krankenkassen wollen die Rechnungen der rund 54 000 Zahnärzte in Deutschland künftig stärker kontrollieren. Dazu wollen sie auch den Teil der Rechnungen überprüfen können, den die Versicherten selbst bezahlen müssen. „Es geht darum, Patienten vor überhöhten Rechnungen zu schützen“, sagte ein Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ein entsprechendes Positionspapier hat der Verwaltungsrat des Verbands am Dienstag beschlossen.
Seit der Gesundheitsreform 2005 beteiligen sich die Kassen nicht mehr prozentual an den Kosten für den Zahnersatz, sondern sie zahlen für Kronen, Brücken und Prothesen einen Festzuschuss. Dadurch ist die zahnärztliche Versorgung in den letzten Jahren zunehmend privatisiert worden. So wurden 2009 bereits mehr als drei Viertel aller Zahnersatzleistungen (76,2 Prozent) über die private Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgerechnet, wie aus einer Erhebung der Ersatzkrankenkassen hervorgeht. Seitdem ist auch der Eigenanteil gestiegen, den die Versicherten aus eigener Tasche zahlen müssen: Zwischen 2005 und 2009 nahm dieser um zehn bis 14 Prozent zu. Dies sei eine „sozial unausgewogene, deutliche Mehrbelastung der GKV-Versicherten“ und eine „Aushöhlung des Sachleistungsprinzips“, kritisiert nun der GKV-Spitzenverband.
Der stellvertretende Verbandschef Johann-Magnus von Stackelberg sagte, das heutige System sei intransparent und lasse die Versicherten mit der privaten Rechnung für den Zahnersatz alleine. Ein Patient könne nicht beurteilen, ob die Rechnung für die neue Zahnkrone wirklich richtig und angemessen sei. „Die Kassen bezahlen den Festzuschuss, aber die tatsächliche Rechnung, die der Patient für den privaten Anteil erhält, sehen sie nie“, klagte der Kassenfunktionär in der „Süddeutschen Zeitung“. Darüber hinaus fordern die Kassen die gesetzliche Möglichkeit, mit den Zahnärzten Höchstsätze für zahnärztliche Leistungen auszuhandeln, sofern die Kassen anteilig Kosten übernehmen. Derzeit würden die Krankenkassen zwar einen erheblichen Teil von privatärztlichen Leistungen bezuschussen, hätten aber keinen Einfluss auf deren Preisgestaltung.
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, begrüßte die Initiative des Krankenkassenverbands. „Es gibt von Zahnarzt zu Zahnarzt riesige Preisunterschiede für vergleichbare Leistungen“, sagte Lauterbach dem Tagesspiegel. Manche Zahnärzte rechneten „sehr seriös“ ab, andere sehr „großzügig“. Für den einzelnen Patienten gebe es kaum Möglichkeiten, Preisvergleiche anzustellen. „Die Kassen könnten solche Daten auswerten. Wenn sie für die Patienten eine Art Kosten-Nutzen-Bewertung vornehmen würden, wäre das sinnvoll“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), sagte, die Kassen könnten heute schon ihren Versicherten eine solche Dienstleistung anbieten und diese bewerben. „Es sollte immer nur ein Angebot sein, kein Zwang“, sagte Spahn.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) bezeichnete die Forderung nach mehr Kontrolle hingegen als „absurd“. Dafür bestehe keine Notwendigkeit, sagte Vorstandschef Jürgen Fedderwitz. „Die Zahnärzte rechnen drei Viertel aller privaten Leistungen seit Jahren unverändert nach dem niedrigen Standardsatz ab. Und die Versicherten haben dabei volle Kostentransparenz“, versicherte Fedderwitz.