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Protest gegen Ahmadinedschad und Irans Nuklearpolitik. Foto: Timothy Clary/AFP

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Politik: Irans Präsident schimpft über Israel und die Welt Aber Eklat bei der UN-Vollversammlung bleibt aus

New York - Der Präsident der Islamischen Republik Iran sitzt kerzengerade in dem überdimensionierten Stuhl. Er muss einige Sekunden warten, so verlangt es das Protokoll der Vereinten Nationen.

New York - Der Präsident der Islamischen Republik Iran sitzt kerzengerade in dem überdimensionierten Stuhl. Er muss einige Sekunden warten, so verlangt es das Protokoll der Vereinten Nationen. Dann steht er auf und geht zum Rednerpult. Mahmud Ahmadinedschad mustert mit verkniffenen Augen das weite Rund der UN-Vollversammlung in New York, und dann legt er los. Willkommen zur letzten Ausgabe einer bizarren Show, in der Irans Staatschef seit seinem ersten Besuch bei den UN im Jahr 2005 den Schurken gibt. Seine hasserfüllten Reden gegen Israel und den Westen vor der Vollversammlung sorgten regelmäßig für Entsetzen. Ahmadinedschad machte sich so selbst zum Schmuddelkind unter den Präsidenten und Premierministern dieser Welt.

In seinem finalen Auftritt holt Ahmadinedschad noch einmal zum Schlag gegen Israel aus. Er beschuldigt die „unzivilisierten Zionisten“, einen Angriff gegen sein Land zu planen. Tatsächlich denkt Israel über eine militärische Intervention nach, um Teherans Atomprogramm zu stoppen.

Ahmadinedschad wettert jedoch auch gegen die USA und die bestehende Weltordnung. Er will sie durch ein neues System ablösen. Wie das aussehen soll? Der Mann aus Teheran spricht von „Vertrauen und Liebe“. Ein konkretes Konzept hat der Staatschef allerdings nicht zu bieten. Die etwas wirre Rede plätschert dahin, dann beendet Ahmadinedschad seine Ausführungen – und alle atmen auf.

Denn der befürchtete Eklat bleibt aus. Der Mann aus Teheran liefert keine seiner berüchtigten Hass-Reden ab. Vielleicht hat die Ermahnung des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon gewirkt. Der hatte Ahmadinedschad am Sonntag klar gemacht: Die Vereinten Nationen dulden keine weiteren Tiraden, keine Ausfälle. Vertreter westlicher Länder, der USA und Israels waren zur AhmadinedschadRede erst gar nicht im UN-Plenarsaal erschienen.

Blieb der Iraner in der Vollversammlung für seine Verhältnisse recht zahm, so hatte er sich seit der Ankunft in New York am Sonntag von seiner anderen Seite gezeigt. In mehreren Interviews schwadronierte Ahmadinedschad darüber, Israel zu „eliminieren“. Er stellte die Existenz des Holocaust infrage, hetzte gegen Schwule und Lesben: „Diese Unterstützung für die Homosexualität gibt es nur in den Herzen von knallharten Kapitalisten.“

Die Reaktion kam prompt: Das Boulevardblatt New York Post beschimpfte den Mann mit dem Bart als „Sche…ße“. Hunderte iranische Exilanten, die das Warwick-Hotel belagerten, in dem Ahmadinedschad logierte, schrien ihre Verachtung für den Gast heraus. Sie riefen: „Geh zur Hölle, Teufel.“

Zum Auftakt der nächsten UN-Vollversammlung 2013 wird Ahmadinedschad nicht mehr Präsident der Islamischen Republik Iran sein – dann wird ein anderer iranischer Staatschef seinen Auftritt in New York haben. Kaum jemand bei den Vereinten Nationen oder auf den Straßen New Yorks dürfte Ahmadinedschad eine Träne nachweinen.

Aber es gab noch einen vielbeachteten Auftritt vor der UN-Vollversammlung am Mittwoch: den des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi. Auch er griff in seiner Rede Israel heftig an. Der jüdische Staat verweigere den Palästinensern einen eigenen Staat, beklagte er. Der islamistische Staatschef verurteilte Israels Siedlungsbau in den besetzten Gebieten als „schändlich“. Die Palästinenser müssten die „Früchte der Freiheit und Würde“ genießen können. Jan Dirk Herbermann

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