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Politiker auf Reisen: Jetzt geht’s los – neue Folgen

Nach dem Sommerloch kommen nun die Sommerreisen. Und bald wird dann auch wieder regiert.

Vorne, am Pult im Foyer des Konrad-Adenauer-Hauses, steht jetzt Ronald Pofalla, das ist der Generalsekretär. Links daneben: Angela Merkel, natürlich, das die Kanzlerin. Gleich wird es Eintopf geben (deftig). Angela Merkel hat Ronald Pofalla schon „Gute Reise“ für seine „Dialog-Tour 2007“ gewünscht, 16 Tage wird der tapfere Pofalla kreuz und quer in der Republik unterwegs sein müssen, um mit den Bürgern über den neuen Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms zu diskutieren. Vor ein paar Jahren noch, da hätte der Bus, der vor der Tür steht, damit Pofalla endlich losfahren kann, wahrscheinlich schon mit laufendem Motor gewartet – um auf diese Weise christdemokratische Aufbruchstimmung zu symbolisieren. Das geht heute nicht mehr. Wegen des Klimas. Und dem Umweltschutz. Und auch, weil Pofalla noch ein paar Minuten überbrücken muss, wegen all der Kameras, die gekommen sind, weil es jetzt wieder losgeht mit der Politik in Berlin und in der Republik auch.

Die Kanzlerin ist zurück im politischen Tagesgeschäft, ihr, nun ja, Konkurrent, der SPD-Vorsitzende Kurt Beck, tourt somerreisend durch Hessen und Thüringen – das macht man so. Es ist Zeit, die ersten Duftmarken zu setzen, Zeit, mal wieder ein bisschen in die Medien zu kommen, zu Beginn dieser zweiten Halbzeit der großkoalitionären Legislaturperiode. Ende nächster Woche dann, im brandenburgischen Meseberg, wird’s auf der Kabinettsklausur handfester zugehen; dann muss plausibel definiert werden, warum es noch Sinn hat, an dem ungeliebten Zweckbündnis festzuhalten.

Es ist eher ein gemächliches Reingleiten in den Politikalltag an diesem Mittwoch im August. Vom Boulevard befragt, ob er mit der gleichen Leidenschaft wie der seinerzeit am Bonner Kanzleramtszaun rüttelnde Gerhard Schröder mal Regierungschef werden wolle, antwortet Beck nämlich: „Ich will mit aller Leidenschaft, dass wieder ein Sozialdemokrat ins Kanzleramt kommt“. Es wurden schon ehrgeizigere Bewerbungsunterlagen in eigener Sache abgegeben.

Vielleicht ist es ja gerade diese pfälzische Gemächlichkeit, die der Kanzlerin am Tag ihrer Rückkehr wenig Raum lässt, sich Grundsätzlichem zu widmen. Der Frage beispielsweise, was es heißt, „im 21. Jahrhundert konservativ zu sein?“ Respektive der Frage, wie lange man überhaupt noch die Gelegenheit erhält, sich diese Frage stellen zu dürfen. Ende des 21.Jahrhunderts nämlich, hat sich die Kanzlerin vorrechnen lassen, werde nur noch jeder 14. Mensch auf der Welt ein Europäer sein. Was heiße, dass 13 andere erst einmal überzeugt werden müssten, dass an den europäischen Wertvorstellungen auch etwas dran sei.

Das muss nun Pofalla machen. Er hat dafür die ambitionierte Leitidee „Frei und sicher leben in der Chancengesellschaft“ im Gepäck. Auf den Begriff sind sie in der Union gekommen, weil sie eingesehen haben, dass man „die absolute Gerechtigkeit nie erreichen“ wird können. „Wir wollen gleiche Chancen eröffnen, nicht gleiche Ergebnisse versprechen“, heißt es dazu im Antrag des CDU-Vorstands für den Parteitag in Hannover. Ein paar Zeilen weiter findet sich auch der Reizbegriff „Leitkultur“, allerdings derartig „embedded“ in unverfängliche Termini wie „Geschichte“, „Grundgesetz“ oder „föderale und konfessionelle Traditionen“, dass die nächste Reiz-Reaktionsdebatte wohl ausbleibt. Wenn nicht: Pofalla wird es der Kanzlerin melden. Ende August hat er sogar einen ganz besonderen Mit-Disputanten: Helmut Kohl wird dann sagen, was er von den neuen CDU-Grundsätzen hält.

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