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Wehrt sich gegen den Vorwurf, er verbreite Verschwörungsmythen: Kardinal Gerhard Ludwig Müller.

© Imago/Ulmer

Kardinal Müller zu Verschwörungstheorien: „Ich muss die Einschränkungen der Grundrechte nicht stumm hinnehmen“

Kardinal Gerhard Ludwig Müller unterschrieb einen verschwörungstheoretischen Brief. Nun wehrt er sich vehement gegen die aufkommende Kritik.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat sich in mehreren Zeitungsinterviews gegen den Vorwurf gewehrt, er verbreite Verschwörungsmythen.

„Man gesteht einander einfach keinen guten Willen zu“, sagte der frühere Präfekt der römischen Glaubenskongregation der „Zeit“. Der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ sagte Müller, bei dem Vorwurf handle es sich um „wohlfeile Schlagzeilenmacherei“ und ein „taktisches Spiel, um selbstständig Denkende anzuprangern“.

Kardinal Müller unterschrieb umstrittenen Brief

Der Kardinal reagierte mit seinen Einlassungen auf die anhaltende Kritik an einem Brief von Erzbischof Carlo Maria Vigano, den er mit unterschrieben hatte. Inzwischen sollen sich rund 30.000 Menschen dem Schreiben angeschlossen haben.

Darin wird unter anderem gewarnt, die Coronavirus-Pandemie solle genutzt werden, um eine „Weltregierung“ zu schaffen, „die sich jeder Kontrolle entzieht“. Sie werde als Vorwand genutzt, um „Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt“ einzuschränken.

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So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht „als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen“.

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Müller betonte in den Interviews, „keine einzige Zeile“ in dem drei Seiten langen Text stamme von ihm. Aber er habe Vigano, dem man „böse mitgespielt hat und der sehr isoliert ist“, auf seine Bitte am Telefon nicht schroff eine Absage erteilen wollen. Das Papier sei „wie auch so mancher Text aus der Deutschen Bischofskonferenz nicht der Weisheit letzter Schluss“, sondern als „Appell zum Nachdenken“ zu verstehen.

So sei etwa „die Drohung öffentlich gefallen, sieben Milliarden Menschen zu zwangsimpfen, auch wenn noch keine ausreichende Erprobung der Medikamente erreicht ist, und ihnen widrigenfalls Grundrechte zu entziehen“, ergänzte Müller, ohne Quellen zu nennen.

Dass die Deutsche Bischofskonferenz auf Distanz zu dem Papier gegangen sei, kommentierte der Kardinal mit den Worten: „Die Bischofskonferenz hat sich auch von der Forderung des Papstes distanziert, die Neuevangelisierung an die Spitze der katholischen Reform zu stellen. Das belastet mich und nicht die Distanzierung vom einem Dreiseitentext.“ Mit ihm selbst habe auch keiner der Bischöfe gesprochen.

„Die Kritiker des Briefes blenden völlig aus, dass...“

Weiter betonte Müller, viele Vorsichtsmaßnahmen gegen die Pandemie seien anfangs sicher richtig gewesen, doch dürfe man damit nicht jegliches Verbot rechtfertigen. „Es steht mir doch zu, Kirchenschließungen zu kritisieren, wenn Supermärkte geöffnet sind. Die Leute haben auch geistliche Bedürfnisse“, sagte Kardinal Müller der „Zeit“. „Natürlich darf ich meine Grundrechte angesichts einer Pandemie nicht egoistisch wahrnehmen. Aber ich muss die Einschränkungen in der Ausübung der Grundrechte auch nicht stumm hinnehmen.“

Auf die Frage, ob die Idee einer Weltregierung nicht klassisch verschwörungstheoretisch sei, antwortete Müller: „Wer die Geschichte kennt, der weiß, dass es schon oft den Griff nach der Weltherrschaft gab – durch den Faschismus wie durch den Kommunismus.“ Niemand könne leugnen, dass heute mit modernsten technischen Methoden eine totale Kontrolle der Bevölkerung möglich wäre – „etwa durch Social Scoring in China“.

In der Demokratie seien solche Versuche vielleicht zum Scheitern verurteilt, aber „eine gewisse Wachsamkeit erfordert die Sicherung von Freiheit und Selbstbestimmung auch heute. Die Kritiker des Briefes blenden völlig aus, dass es illiberale Maßnahmen, wie sie im Brief angesprochen sind, tatsächlich gibt“. (KNA, Tsp)

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