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Foto: Roland Magunia/dapd

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Politik: Katholische Theologen für große Kirchenreform 156 Professoren sind auch gegen den Pflichtzölibat

Deutsche Bischofskonferenz: religiös fragwürdig

Berlin - Mehr als 150 deutsche katholische Theologieprofessorinnen und -professoren fordern „tiefgreifende Reformen“ für ihre Kirche. In einem Aufruf unter dem Titel „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ fordern sie unter anderem ein Ende „verknöcherter Strukturen“ in der katholischen Kirche, eine offenere Kommunikation und die Stärkung der Gemeinden. In diesem Zusammenhang sprechen sie sich auch für „verheiratete Priester und Frauen im kirchlichen Amt“ aus – also die Aufhebung des Pflichtzölibats.

In dem Memorandum, das im Internet unter www.memorandum-freiheit.de nachzulesen ist, sprechen die Theologieprofessoren von „einer beispiellosen Krise“ ihrer Kirche seit dem Bekanntwerden sexueller Übergriffe am Berliner Canisius-Kolleg. Seither seien mehr Katholiken denn je aus ihrer Kirche ausgetreten. Die Verfasser der Denkschrift weisen aber auf ältere Strukturprobleme hin. Die Kirche sei „kein Selbstzweck“, schreiben sie, sie könne ihren Verkündigungsanspruch nur erfüllen, wenn sie selbst „eine glaubwürdige Zeugin der Freiheitsbotschaft des Evangeliums“ sei – etwa durch die Anerkennung von Freiheit und Mündigkeit auch innerhalb der Kirche. „Was alle angeht, soll von allen entschieden werden.“ Statt auf den Priestermangel mit XXL-Pfarreien zu reagieren, in denen „Priester verheizt“ würden, solle sie auch verheiratete Männer und Frauen einbinden. Außerdem müssten Gläubige ihre Rechte in der Kirche verlässlich geltend machen können. Geschiedene und Homosexuelle dürften nicht von einer „rigorosen Moral ohne Barmherzigkeit“ ausgestoßen werden – auch wenn die „kirchliche Hochschätzung“ für die Ehe außer Frage stehe.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz reagierte noch am Freitag verhalten ablehnend auf die Erklärung der Theologen. Ihr Sekretär Pater Hans Langendörfer erklärte, in vielem stehe sie „in Spannung zu theologischen Überzeugungen und kirchlichen Festlegungen von hoher Verbindlichkeit“. Als vor knapp drei Wochen eine Reihe prominenter katholischer Christdemokraten die Abschaffung des Zwangszölibats mindestens für Deutschland forderten, hatten die Bischöfe nach einigen Tagen freundlicher reagiert: Das Thema sei „von weltkirchlicher Tragweite und verlangt eine entsprechende Meinungsbildung und Entscheidung auf gesamtkirchlicher Ebene“, hieß es seinerzeit.

Schon mehrfach haben katholische Theologen in gemeinsamen Erklärungen die Situation der katholischen Kirche in Deutschland kommentiert und zu Reformen aufgerufen. 1989 kritisierten mehr als 220 katholische Theologieprofessorinnen und -professoren in der „Kölner Erklärung“ die Praxis von Bischofsernennungen und den lehramtlichen Anspruch der Kirche. 1995 startete die Initiative „Wir sind Kirche“ das Kirchenvolksbegehren für innerkirchliche Reformen, das von mehr als 1,7 Millionen Menschen unterschrieben wurde, zu mehr als vier Fünfteln Katholiken. 2009 kritisierten mehrere katholische Fakultäten in Deutschland die Rücknahme der Exkommunikation von vier Traditionalisten-Bischöfen durch den Vatikan. mit KNA

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