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Kein Zugang mehr zu Presse-Hintergrundgesprächen: Bundesnachrichtendienst lässt Tagesspiegel außen vor
Der Geheimdienst wählt regelmäßig Medien für vertrauliche Informationsveranstaltungen aus. Ein Anspruch auf Teilnahme besteht nicht, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht.
Stand:
Journalistinnen und Journalisten haben keinen Anspruch darauf, an behördlich organisierten Hintergrundgesprächen teilnehmen zu dürfen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht auf einen Eilantrag des Tagesspiegels gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) entschieden (Az.: 10 VR 1.25).
Der Auslandsnachrichtendienst lädt Medien regelmäßig zu solchen vertraulichen Informationsveranstaltungen über außenpolitische Themen. Zuletzt war dies im Februar der Fall, es ging um die Situation in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes.
Es erfolgt eine pluralistische Auswahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach sachlichen Kriterien.
Der Bundesnachrichtendienst über seine vertrauliche Medienarbeit
Teilnehmende Medien werden vom BND ausgewählt. Sie können die erhaltenen Informationen und Einschätzungen des BND später in ihren Berichten verwenden, sollen die Behörde selbst und die Veranstaltung aber nicht als Quelle benennen. Es gilt die verabredete Vertraulichkeit.
Der BND hatte zwar noch im Januar erklärt, der Tagesspiegel werde „regelmäßig“ eingeladen, doch das trifft nur für frühere Jahre zu. Im Jahr 2024 sowie im laufenden Jahr wurde dieses Medium nicht mehr berücksichtigt.
Auswahl „nach sachlichen Kriterien“
Zur Begründung erklärt der BND, es gebe „keinen festen Kreis von Journalistinnen und Journalisten, die an vom BND organisierten Hintergrundgesprächen teilnehmen“. Es erfolge eine „pluralistische Auswahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach sachlichen Kriterien“.
Der Tagesspiegel hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht mehrfach auf Transparenz derartiger Hintergrundgespräche geklagt. In verschiedenen Urteilen wurde unter anderem festgelegt, dass Themen und Teilnehmer genannt werden müssen.
Ob dies für den BND den Anlass gegeben hat, den Tagesspiegel jetzt nicht mehr zu berücksichtigen, ist unklar. Eine Stellungnahme wollte der Dienst dazu nicht abgeben. Ein Ersuchen, künftig wieder eingeladen zu werden, blieb bisher ohne Erfolg,
Einen Eilantrag auf Grundlage des presserechtlichen Auskunftsanspruchs, den Zugang kurzfristig wieder zu ermöglichen, wies das für Klagen gegen den BND zuständige Bundesverwaltungsgericht kürzlich zurück.
„Der Auskunftsanspruch verpflichtet die Behörde bei Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen dazu, begehrte Informationen zur Verfügung zu stellen. Er berechtigt den Anspruchsinhaber jedoch nicht dazu, Informationen innerhalb der behördlichen Sphäre - etwa im Rahmen eigener Anschauung vor Ort - selbst zu erheben“, heißt es im Beschluss des Gerichts.
Ein derartiger Anspruch ergebe sich auch nicht mit Blick auf Artikel drei des Grundgesetzes, dem Recht auf Gleichbehandlung, hieß es weiter.

© dpa/Britta Pedersen
Damit steht fest, dass Journalistinnen und Journalisten vorerst keinen Zugang zu behördlichen Hintergrundgesprächen durchsetzen können - und die Behörden weiterhin allein darüber entscheiden, welche Medien zugelassen werden und welche nicht. Hintergrundgespräche sind bisher in vielen Behörden üblich, einschließlich Bundesministerien und Kanzleramt.
Der BND ist weiterhin bemüht, möglichst wenig von seiner verdeckten Medienarbeit öffentlich werden zu lassen. So wird – anders als früher – seit den Transparenzurteilen des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr dokumentiert, welche Journalistinnen und Journalisten für die Treffen ausgewählt und eingeladen werden. Bei Anfragen beruft sich der Dienst darauf, die Informationen lägen nicht vor.
Derzeit läuft noch ein weiteres Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Aufklärung vertraulicher BND-Medienkontakte. Der Tagesspiegel verlangt Auskunft, ob Informationen zum möglichen Ursprung des Corona-Virus Gegenstand von Hintergrundgesprächen waren.
Wie kürzlich durch Medienberichte bekannt wurde, soll der BND den Fall untersucht und festgestellt haben, dass das Virus höchstwahrscheinlich in einem chinesischen Forschungslabor in Wuhan entwickelt und durch einen Unfall freigesetzt wurde. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundeskanzleramt und der BND mit eigenen Informationen an diesen Berichten mitgewirkt haben.
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