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Politik: Kein Zwang zu Offenheit bei Nebeneinkünften

Gutachten fordert aber eine bessere Kontrolle

Von
  • Robert Birnbaum
  • Matthias Meisner

Berlin - Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht keine juristische Möglichkeit zu einer kompletten Offenlegung von Abgeordneten-Nebeneinkünften. Der politisch unabhängige Fachdienst kommt aber in einem Gutachten im Auftrag von SPD und Grünen zu dem Schluss, dass sowohl eine erweiterte Anzeigepflicht beim Bundestagspräsidenten als auch finanzielle Sanktionen bei Verstößen mit Parlaments- und Verfassungsrecht vereinbar wären. So sei die bisher übliche Unterscheidung zwischen – nicht anzeigepflichtigen – Berufs- und sonstigen Nebeneinkünften „künstlich“.

Ihre Bedenken gegen eine komplette Offenlegung aller Einkünfte neben den Diäten begründen die Bundestagsjuristen damit, dass Abgeordnete „auch Privatperson und Bürger“ seien. Einerseits schiebt das Gutachten Argumentationen einen Riegel vor, dass der Parlamentarier aufgrund seiner grundrechtlich garantierten Mandatsfreiheit nicht gezwungen werden dürfe, Nebeneinkünfte zu offenbaren, weil das Unmut beim Wähler erzeugen könnten. Das, so die Experten sinngemäß, sei gewissermaßen Berufsrisiko. Zugleich weisen sie aber darauf hin, dass Grundrechte etwa auf informationelle Selbstbestimmung oder Berufsfreiheit selbstverständlich auch für Parlamentarier gelten. Eine Ausgestaltung der Offenlegungspflichten, die für bestimmten Berufe die Annahme eines Mandats praktisch ausschließen würde, wäre daher „verfassungsrechtlich fragwürdig“. Als Beispiel nennt dass Gutachten Berufe mit Schweigepflichten wie Ärzte und Anwälte, aber auch Unternehmer und Freiberufler, die durch eine Veröffentlichung ihrer Einkünfte Wettbewerbsnachteile befürchten müssten. Dabei müsse auch die Gefahr berücksichtigt werden, dass eventuell Rechte Dritter – Partner, Kunden oder Kapitalgeber – beeinträchtigt werden könnten.

Keine Einwände erhebt das Gutachten hingegen dagegen, die Anzeigepflichten von Nebeneinkünften beim Bundestagspräsidenten zu erweitern und dessen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten zu erweitern. Denkbar sei zum Beispiel, dass künftig Zahlungen an den Bundestag abgeführt werden müssten, für die ein Abgeordneter gar keine oder nur eine symbolische Arbeitsleistung erbracht hat. Eine zusätzliche Strafzahlung müsse aber verhältnismäßig bleiben. Auch die Verrechnung von Nebeneinkommen mit Diäten halten die Gutachter für ausgeschlossen.

Das Netzwerk Campact, das eine breite Debatte über die Nebeneinkünfte von Politikern in Gang setzen will, zeigte sich zufrieden über das Gutachten. Geschäftsführer Günter Metzges sagte dem Tagesspiegel: „Kritikern wird damit der Wind aus den Segeln genommen. Die Vorlage verweist Scheinargumente gegen eine Veröffentlichung ins Reich der Märchen.“ Metzges sprach sich gegen ein Nebenjob-Verbot aus. Dies wäre „ein weiterer Schritt zum Berufspolitikerparlament“. Mehr Transparenz führe aber dazu, dass Abgeordnete ihre Nebenjobs reduzierten, um nicht vor Wählern in Rechtfertigungsnot zu kommen.

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